Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Agroforstsysteme bieten ländlichen Kommunen die Möglichkeit, Ziele im Hochwasser- und Gewässerschutz und bei der Wärmewende in Kombination zu erreichen. Kommunen könnten sich dementsprechend als Schlüsselakteure bei der Ausweitung der Agroforstwirtschaft erweisen, indem sie die Chancen dieses Ansatzes erkennen und sich mit Landwirten als wichtigen neuen Kooperationspartnern zusammenschließen.

Hochwasserschutz und Starkregen: Baumreihen verlangsamen insbesondere in hängigem Gelände die Fließgeschwindigkeit des oberflächlich ablaufenden Regenwassers. In der Folge fallen die Schäden der durch Starkregen verursachten Hochwasserwelle in Bächen und kleineren Flüssen geringer aus. Foto: bettysphotos – stock.adobe.com

In der Gemeinde Reipoltskirchen (Rheinland-Pfalz) wurde am Odenbach ein Hochwasser-Retentionsraum mit Pappeln für die Agrarholzproduktion bepflanzt. Die Bäume stehen im Jahresverlauf mehrmals unter Wasser, nehmen dadurch aber keinen Schaden. Der Retentionsraum hält überschüssiges Wasser zurück und schützt die Ortsgemeinde so vor Hochwasser, gleichzeitig liefert er Brennholz. Foto: Axel Schönbeck, Ingweilerhof

Im Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) AGROfloW wollen zwei Forschungseinrichtungen deshalb Partnerschaften zwischen Kommunen und Landwirtschaft ins Leben rufen, die Agroforstsysteme zur Erreichung wasserbezogener Ziele umsetzen. Beteiligt sind das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) der Universität Trier und die Forschungsgruppe Wasser (FG Wasser) der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes; sie begleiten die Etablierung der Agroforstflächen und deren weitere Entwicklung wissenschaftlich.

Gefördert wird AGROfloW vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).

Hochwasserschutz, Dürreschutz und die Erreichung der Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sind originäre kommunale Aufgaben. Gleichzeitig können die Kommunen über die Integration der Holzproduktion potenziell leichter Flächen für diese Ziele akquirieren. Das geerntete Holz wiederum trägt zu einer sicheren und klimafreundlichen Energieversorgung bei und erhöht zugleich die kommunale Wertschöpfung.

Praxisflächen in Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Bayern

Im Vorhaben AGROfloW wollen die Forschenden vor diesem Hintergrund Agroforst-Partnerschaften zwischen Landwirten und Kommunen initiieren und Demonstrationsflächen als Anschauungsobjekte und Lernorte anlegen.

Eine dieser Demoflächen wird in der Gemeinde Lossatal in Sachsen liegen, dort steht die Renaturierung des aktuell komplett verrohrten Tauchnitzgrabens auf der Agenda. Im Uferbereich sollen 7,3 Hektar mit Agroforstkulturen bepflanzt werden, davon auf rund zwei Drittel der Fläche leistungsorientierte und auf rund einem Drittel naturnahe Kulturen. Das geerntete Holz ist als Energieholz zur Versorgung eines kommunalen Nahwärmetzes vorgesehen.

Im rheinland-pfälzischen Mittelgebirge sind an der Glan und am Odenbach Gehölze zum Erosions- und Hochwasserschutz geplant, die zum Teil Mostobst und Tierfutter liefern, zum Teil Holz zur Energiegewinnung. Auch im bayerischen Alpenvorland und im Saarland liegt der Fokus der Flächen auf der Kombination Starkregenprävention und Energieholz.

Auf allen Demoflächen findet eine intensive Beforschung unter verschiedenen Aspekten statt. Dazu zählen pflanzenbauliche Fragen, eine Quantifizierung der Hochwasser- und Erosionsschutzleistungen und die Entwicklung eines entsprechenden Modellierungs-Tools, die Ökonomie sowie die Analyse der rechtlichen und fördertechnischen Rahmenbedingungen.

Informationen zum Vorhaben stehen online (siehe Link) unter den Förderkennzeichen 2222NR067A und 2222NR067B zur Verfügung.

Hintergrund:
Als Agroforstsystem bezeichnet man die Kombination von Gehölzen (insbesondere Bäume, aber auch Sträucher) mit Ackerkulturen auf einer Fläche. Häufig werden beide Kulturen streifenförmig im (räumlichen) Wechsel angebaut. Aber auch die verstreute Anordnung der Gehölze auf der Fläche ist möglich. Das Holz der Bäume wird als Brenn- oder Wertholz genutzt, Früchte und Blätter als Nahrungs- oder Futtermittel. 

Verschiedene wasserbezogene Ziele lassen sich in Kombination mit Agroforstsystemen besser erreichen. Im Uferrandbereich verringern die Baumreihen den Eintrag von Sedimenten, Nähr- und Schadstoffen in die Gewässer. In hängigem Gelände reduzieren sie insbesondere nach Starkregen die Fließgeschwindigkeit des Regenwassers. Durch ihre größere Durchwurzelungstiefe und das erhöhte Porenvolumen steigern sie die Infiltration von Regenwasser in Boden und Grundwasser und verringern den schnellen Abfluss und Verlust der wertvollen Ressource über die Wasserläufe. Denn einmal von diesen aufgenommen, fließt alles Wasser schlussendlich in Nord- und Ostsee und ins Schwarze Meer und kann tiefere Bodenschichten und das Grundwasser nicht mehr erreichen.

Pufferstreifen an Gewässern, die Landwirte nach der aktuellen GAP einhalten müssen, oder Hochwasser-Rückhalt lassen sich mit den Gehölzstreifen kombinieren, bringen Landwirten Einkommen und erfahren eine größere Akzeptanz als reine Schutzflächen ohne Nutzung.

Sträucher und Bäume sind zudem ein wichtiges Element einer naturnahen Ufergestaltung und unterstützen die Renaturierung von Bächen und Flüssen sowie den Biotopverbund. Insbesondere die Verschattung von kleineren Gewässern wird bei immer höheren Temperaturen „lebenswichtig“ für Pflanzen und Tiere.

Nicht zuletzt tragen Agroforstsysteme so auch zu den Zielen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bei, die einen guten ökologischen und chemischen Zustand der Oberflächengewässer sowie einen guten chemischen und mengenmäßigen Zustand im Grundwasser anstrebt.

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