Im heute veröffentlichten Jahresbericht blickt der NABU auf ein solides Wachstum, aber auch auf ein politisch turbulentes Jahr 2023 zurück. Die Krisen der vergangenen Monate haben nicht nur die ökologischen, sondern auch die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundlegend erschüttert. Klimawandel, Artensterben und fortschreitende Umweltzerstörung stellen den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vor immense Herausforderungen. Gleichzeitig geraten Naturschutzprojekte durch politische und finanzielle Unsicherheiten zunehmend unter Druck.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Auch nach 125 Jahren zivilgesellschaftlichem Engagement des NABU steht der Naturschutz vor großen Bewährungsproben. Inmitten vieler Krisen bleibt eines klar: Trotz enormer Widerstände, insbesondere aus der Wirtschaft, bleibt der Einsatz für die Natur dringender denn je. Dazu brauchen wir eine ambitionierte Umsetzung des europäischen Green Deals und auch der Bundeshaushalt ist noch nicht optimal aufgestellt, um den ökologischen Krisen wirksam zu begegnen.”
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat das politische Klima in Deutschland und Europa verändert. Dies führt zu anderen Sicherheitsbedürfnissen und zu einer Verschiebung der Prioritäten, beispielsweise in der Energiepolitik. Obwohl die Folgen des Klimawandels und der Naturzerstörung in unserem Alltag immer sichtbarer werden und ihn zunehmend beeinflussen, rückt die Bewältigung dieser ökologischen Krisen in den Hintergrund. Die Bauernproteste haben zu einem agrarpolitischen Rollback geführt. Dies erschwert den Weg aus der ökologischen Krise zusätzlich. Ein Erfolg für den Naturschutz ist das europäische Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Der Klimaschutz bleibt - trotz aller Dürren und Überschwemmungen - ein Sorgenkind. Insbesondere der Verkehrssektor wird politisch nicht ausreichend in die Pflicht genommen. Im Gegenteil, der Druck wurde sogar verringert.
Krüger: “Politische Prioritätenverschiebungen merken wir auch an zunächst positiv klingenden Begriffen wie Planungsbeschleunigung oder Bürokratieabbau. Wir müssen aufpassen, dass am Ende nicht die Natur und damit das Klima darunter leiden. Unser Wirtschaftssystem ignoriert weiterhin den Überverbrauch natürlicher Ressourcen. Eine Veränderungsbereitschaft in Richtung der von der Wissenschaft beschriebenen und notwendigen Transformationspfade ist kaum zu erkennen. Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Immer mehr Unternehmen denken über ihren CO2-Fußabdruck nach und beginnen mit konkreten Verhaltensänderungen. Unser Ziel ist es, auch den Schutz der natürlichen Vielfalt in diese Verhaltensänderungen zu integrieren.”
Beim Blick auf den NABU zeigt sich, die Mitgliederentwicklung ist weiterhin positiv. Der NABU und sein bayerischer Partner Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) zählten zum 31. Dezember 2023 über 854.000 Mitglieder und 85.000 Fördernde und sind in allen Bundesländern mit rund 2.000 Gruppen vor Ort aktiv. Die Einnahmen des NABU aus Mitgliedsbeiträgen sind um 1,5 Mio. Euro auf 34,1 Mio. Euro (Vorjahr 32,6 Mio. Euro) deutlich gestiegen. Dieser Anstieg resultiert aus dem Zuwachs von rund 26.800 Mitgliedern (ohne LBV) sowie aus einem gestiegenen durchschnittlichen Beitrag. Mehr als 70.000 NABU-Ehrenamtliche waren 2023 vor Ort für den Schutz von Natur und Klima aktiv.