Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Einfach himmlisch! Kaukasusvergissmeinnicht lässt wahlweise blaue oder weiße Blütenwölkchen über seinen Blättern schweben. Letztere bedecken den Boden bis weit in den Herbst und können sich sehen lassen.

Promi mit Prädikat: Das silberweiß gezeichnete Kaukasusvergissmeinnicht ‘Jack Frost’ hat die Staudensichtung als „ausgezeichnete Sorte“ abgeschlossen und gehört damit zu den besonders vitalen Vertretern von Brunnera macrophylla. Neben ihrer Gesundheit hat sie sich die Bestnote auch mit ihrer Schönheit verdient: Die himmelblauen Blüten öffnen sich ab April und kommen vor dem Hintergrund der Blätter bestens zur Geltung. Bildnachweis: GMH/Bettina Banse

Als Staude des Jahres kann Brunnera macrophylla, wie das Kaukasusvergissmeinnicht botanisch heißt, selbstverständlich mehr, als „nur“ den Boden bedecken. Den Zweck als beständiger Bodendecker erfüllt die Blattschmuckstaude allerdings zuverlässig. Für gutes Gedeihen braucht sie halbschattige bis schattige Standorte mit einem humusreichen und leicht feuchten Boden. Anders als das zweijährige Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica) ist es langlebig, bildet große, herzförmige Blätter und treibt nach einer kurzen winterlichen Ruhephase ab März dort wieder aus, wo es gepflanzt wurde. Gelegentlich versamt es sich – meist ohne lästig zu werden. Zwischen April und Juni blüht Brunnera macrophylla in Blau oder Weiß auf und zieht auch danach die Blicke auf sich. Nach der Blüte bleiben die Blätter und die zeigen sich in diversen Spielarten: Je nach Sorte sind sie grün, weiß getupft, hell gerandet oder nahezu komplett versilbert. Die gemusterten Blätter zaubern an den schattigen Standorten willkommene Lichtreflexe in die Beete.

Im Fokus der Fachleute
Mittlerweile ist die Sortenauswahl so groß, dass es Zeit für einen Praxistest durch den Arbeitskreis Staudensichtung im Bund deutscher Staudengärtner war. Dafür wurden 18 in den Staudengärtnereien verfügbare Varianten von Brunnera macrophylla an sechs verschiedenen Standorten in Deutschland und in Österreich gepflanzt, geprüft und 2023 bewertet. Einer dieser Standorte liegt im Rheinland: das Arboretum Park Härle in Bonn-Oberkassel. Anders als der Name vermuten lässt, wachsen hier nicht nur Gehölze: Gräser, Blumenzwiebeln und Stauden wie Brunnera sind aus der Anlage nicht wegzudenken. Als Technischer Leiter dieses botanischen Gesamtkunstwerks hat Michael Dreisvogt die dort aufgepflanzten Brunnera-Exemplare über drei Jahre hinweg begutachtet und unter anderem Blühfreude, Blattschmuck und Vitalität beurteilt. Die unterschiedlichen Blattzeichnungen des Kaukasusvergissmeinnichts trafen dabei genau seinen Geschmack: „Ich habe eine Schwäche für unterschiedlich gezeichnetes Laub. Silbrige, gefleckte, gerandete oder wie auch immer gemusterte Blätter begeistern mich.“ Keine Frage, dass diverse Sorten einer Blattschmuckstaude wie Brunnera macrophylla unabhängig von der Sichtung schon vorher im Park wuchsen. Die zusätzlich für den Praxistest gepflanzten Kaukasusvergissmeinnicht standen aber unter genauer Beobachtung. Eine Aufgabe, die Dreisvogt entgegenkommt: „Aufmerksames Hinsehen gehört für mich zu den wichtigsten und schönsten Aufgaben bei meiner Arbeit mit Pflanzen.“ Wo Brunnera wächst, gibt es dank der dekorativen Blätter über viele Monate hinweg etwas zu sehen, zumal viele Sorten in der Sichtung überzeugen konnten. Frosthart sind sie alle – egal, für welche Spielart man sich entscheidet.

Tipps zur Sortenwahl
Zugeben, was die Blütenfarben anbelangt, ist die Auswahl eingeschränkt: Die meisten Sorten der Blattschmuckstaude blühen blau, aber dafür in einem umwerfend klaren Ton, der sich gut kombinieren lässt. Für Michael Dreisvogt ist diese Farbe ohnehin ein perfekter Partner: „Dieses Himmelblau sieht ja schon gemeinsam mit komplett grünen Blätter klasse aus. Es passt aber auch wunderbar zu den silbrigen Sorten und kommt vor dem Hintergrund hell gemusterter Blätter richtig gut zur Geltung.“ Eine der bekanntesten und zugleich sehr empfehlenswerten Varianten ist ‘Jack Frost’. Diese Sorte ist seit rund 25 Jahren erhältlich und trägt silbriges Laub mit einem schmalen grünen Rand. In der Sichtung wurde ‘Jack Frost’ mit „ausgezeichnet“ bewertet. Neben diesem Klassiker konnten auch noch weniger bekannte Sorten überzeugen, die ebenfalls weiß gezeichnete Blätter haben, erzählt Dreisvogt: „Die Sorten ‘Sea Heart’ und ‘Silver Heart’ haben nicht nur hier im Park, sondern auch an den anderen Standorten überzeugt. Sie haben etwas dickere Blätter und das scheinen die Schnecken nicht zu mögen.“ Es ist zwar zum Glück so, dass Brunnera nicht ganz oben auf dem Speiseplan der Schleimer steht, aber diese beiden Sorten scheinen besonders robust zu sein. Als ebenfalls sehr vital und dekorativ hat sich ‘Alexander’s Great’ erwiesen. Die Sorte bildet ungewöhnlich große, silbrige Blätter mit grünen Adern und blüht wie die meisten Brunnera-Vertreter blau. Und wenn es weiße Blüten sein sollen? „Dann würde ich die Sorte ‘Betty Bowring’ pflanzen. Sie hat komplett grüne Blätter und das finde sogar ich als Liebhaber von Blattmusterungen gut so.“ Der Grund: Vor durchgehend grünem Blattwerk heben sich weiße Blüten besser ab, als vor hell gemustertem Laub.

Begleiter für Brunnera im Beet
Die Suche nach passenden Partnern beginnt beim Standort. Was Brunnera mag, sollte auch den Begleitern behagen. Gefragt sind Arten, die ebenfalls im Schatten oder Halbschatten und in frischen Böden gedeihen. Wenn diese Basis stimmt, geht es ans Gestalten, erzählt Dreisvogt: „Mit den dunkellaubigen Sorten der Purpurglöckchen (Heuchera) lassen sich zum Beispiel sehr starke Farbkontraste erzeugen. Das ist natürlich Geschmackssache.“ Dezenter, aber nicht weniger wirkungsvoll sind Effekte, die sich durch unterschiedliche Umrisse erzielen lassen: „Das runde herzförmige Blatt der Brunnera unterstreicht spitze, feine und filigrane Formen: Farne, und Gräser wie Hakonechloa macra sind da zum Beispiel wunderbare Kandidaten.“ Wer nach der frühen Blüte der Brunnera noch einen späteren Flor sehen möchte, könnte die Prachtspiere (Astilbe) dazu pflanzen. Sie hat fein gefiederte Blätter und setzt mit ihren aufragenden Blütenkerzen im Sommer und frühen Herbst Ausrufezeichen in Weiß, Rosa oder Rottönen. Ebenfalls geeignet und sehr interessant sind variantenreiche Blattschmuckstauden, allen voran die Gattung Hosta. Sie bietet ein ganzes Universum weiterer Spielarten und Blattzeichnungen, die sich kombinieren lassen. Besonders unkompliziert ist die Partnerschaft mit einer anderen bodendeckenden Staude: Die Elfenblume (Epimedium) war bereits 2014 Staude des Jahres und wächst gemeinsam mit ihrer frisch gekürten Kollegin zu einem dichten Blätterteppich heran.

Auch mit sich selbst lässt sich das Kaukasusvergissmeinnicht kombinieren. Der grünblättrigen, ursprünglichen Art Brunnera macrophylla, könnten Sorten mit Blattmusterung wie ‘Queen of Hearts’ Gesellschaft leisten. Damit sie den Boden lückenlos bedeckt, wird Brunnera mit sechs bis acht Exemplaren pro Quadratmeter gepflanzt. Ihre volle Schmuckwirkung entfalten die Blätter übrigens durch einen kleinen Pflegetrick. Michael Dreisvogt verrät ihn: „Wenn man Brunnera direkt nach der Blüte bodennah zurückschneidet, treiben sie wieder frisch durch. Dann sehen die Blätter auch im Hochsommer und gegen Ende der Saison sehr vital aus.“ Wer das versäumt hat, muss sich kein Sorgen machen und lässt die Staude des Jahres für den Rest der Saison einfach in Ruhe. Die Blätter überzeugen im Beet auch ohne diese Maßnahme. Dass sie durch den Trick mit dem Schnitt sogar noch schöner aussehen könnten, lässt sich einfach nächstes Jahr ausprobieren.

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