Stahlwand links, Betonwand rechts, Wasser in der Mitte – fertig ist der Schifffahrtskanal. Und von Natur weit und breit keine Spur. Das soll sich in Spandau jetzt ändern: Im Maselakekanal entstehen in den nächsten anderthalb Jahren zwei bepflanzte künstliche Inseln. Die Module sollen Artenvielfalt, Wasser- und Luftqualität verbessern. Die Stiftung Naturschutz Berlin (SNB) fördert aus Stiftungsmitteln das Pilotprojekt „Wetland Structures“ der Water Innovation Technology Engineering GmbH (WITE). Bei Erfolg könnte es auf andere Berliner Kanäle ausgeweitet werden.
Das Ufer des Maselakekanals in Spandau ist durch hohe Stahlwände vom Wasser abgeschnitten. In einem Abstand von zwei bis drei Metern sollen die beiden neu entwickelten Module an der nördlichen Kanalseite auf dem etwa 2,5 Meter tiefen Grund verankert werden. Die Inseln werden an der Oberfläche und unter Wasser naturnah bepflanzt.
„Als Teststandort eignet sich der ökologisch verarmte Maselakekanal in Spandau besonders gut“, erklärt SNB-Vorstandsvorsitzende Annette Nawrath. „An Orten, die für Tiere und Pflanzen nicht mehr erreichbar sind, verarmt die ökologische Vielfalt. Mit dem Projekt entstehen Rettungsinseln für mehr Naturschutz. Voller Überzeugung unterstützen wir als Stiftung Naturschutz Berlin deshalb diese Idee“.
Lebensräume zurückgewinnen
Naturnahe Ufer und Flachwasserzonen von Flüssen und Kanälen sind für Pflanzen, Amphibien, Insekten und deren Larven, Fische und mit dem Wasser lebende Säugetiere ein idealer und artenreicher Lebensraum. In Großstädten wie Berlin sind Gewässer jedoch meist durch Stahlspundwände und Mauern von den Ufern getrennt. Durch diese Bauten fehlen wichtige Lebensräume – und somit ganze Ökosysteme. Uferbebauungen, Straßen, Gebäude, Uferwanderwege und Schifffahrt verhindern einen Rückbau zu flachen Ufern. „Auf der Gewässersohle aufgestellte Pflanzeninseln haben wir 2024 bereits erfolgreich im Genfer See als temporäre Installationen getestet“, sagt Diplomingenieur und WITE-Projektmanager Ralf Steeg. „Das Berliner Projekt ermöglicht es uns, dieses innovative Konzept weiterzuentwickeln, in einem urbanen Umfeld umzusetzen und langfristig bedrohte Lebensräume zurückzugewinnen.“
Auch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt unterstützt das Vorhaben. Umwelt-Staatssekretärin Britta Behrendt: „Ich begrüße es sehr, dass die Stiftung Naturschutz Berlin das Pilotprojekt „Wetland Structures“ fördert und bin jetzt schon gespannt auf die Ergebnisse“.
Hintergrund
Die WITE GmbH arbeitet bereits seit längerem daran, urbane Uferbereiche ökologisch aufzuwerten. So konnte die Firma 2021 an der Kieler Brücke in Moabit ein erstes Projekt „Vertical Wetlands I“ realisieren, das ebenfalls von der SNB gefördert wurde. An dem Kanal sind mehrere bepflanzte Module direkt an die bestehenden Uferwände montiert. Bereits kurz nach dem Bau besiedelten Käfer, Wasserschnecken, Libellen und Wespen das System. Auch Säugetiere und Wasservögel nutzten den künstlich angelegten Bereich als Rückzugsort, Nahrungsquelle und Nistplatz. Nachweislich verbesserten die modularen Flachwasserzonen auch die Wasserqualität und ließen die Wassertemperatur sinken. Die Weiterentwicklung einer weitaus größeren Anlage „Vertical Wetlands II“ erfolgte 2022 und 2023 zusammen mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Das Vorhaben wurde aus Mitteln des Berliner Programms für Nachhaltige Entwicklung (BENE) gefördert.
Berlin ist damit Vorreiter auf dem Gebiet der Entwicklung neuer Technologien für die Wiederherstellung von Flachwasserzonen.