Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Der Grundstückseigentümer muss einerseits dafür sorgen, dass durch seine Bäume keine Schäden für andere entstehen (Verkehrssicherungspflicht, Nachbarrecht). Andererseits hat er Anspruch auf Ersatz, wenn an seinen Bäumen Schäden entstehen.

FLL-Zertifizierter Baumkontrolleur

Hauptaufgabe der Baumkontrolle (Abbildungen: Büro Baum und Landschaft)

Weil Bäume aber auch aus gesellschaftlichem Interesse oft erhaltenswert sind, sind dem Eigentümer enge Grenzen gesetzt: überwiegend durch das Naturschutzrecht, aber auch durch Bodenschutz- und Umweltschadensrecht. Sind Bäume Teil eines (Garten-)Denkmals, greift auch das Denkmalschutzrecht. Baumeigentümer haben also Pflichten. Um diese zu erfüllen, sind sie überwiegend auf Fachleute angewiesen. Gerade die manchmal gegensätzlichen, rechtlichen Regelungen – z. B. zur Verkehrssicherungspflicht und zum Naturschutz – und z. B. Regeln zum Baumschutz während Baumaßnahmen im Baumumfeld stellen hohe Anforderungen an das rechtliche und fachliche Wissen derjenigen, die sich (professionell) mit Bäumen befassen. Eine gezielte Aus- und Fortbildung ist deshalb für Baumpfleger und Baumkontrolleure unabdingbar:

  • insbesondere zur fachgerechten Pflege von Bäumen,
  • zur Beurteilung der Verkehrssicherheit,
  • aber auch zunehmend zu Fragen des Artenschutzes. Baumkontrolle und Baumpflege

Hauptaufgabe der Baumkontrolle ist es, die Bäume regelmäßig auf Anzeichen von Gefahren zu überprüfen und ggf. erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung festzulegen – immer mit dem Ziel, den Baum möglichst zu erhalten. Die Kontrolle von Bäumen ist somit wesentlicher Bestandteil der Verkehrssicherungspflicht von Baumeigentümern. Bei der Baumkontrolle (insbesondere bei der Festlegung von Pflegemaßnahmen) sollten folgende Aspekte eine Rolle spielen:

  • Gefahrenerkennung und -beseitigung
  • Erhaltung von Bäumen als Bestandteil urbanen Grüns
  • Natur- und Artenschutz
  • baumbiologisch sinnvolle Entscheidungen

Baumkontrolleure müssen besonnen und gewissenhaft vorgehen und ein fundiertes Fachwissen über Bäume und mögliche Gefahrenmerkmale besitzen. Sie sollten aber auch in der Lage sein, sinnvolle Maßnahmen zur Förderung der Baumentwicklung zu empfehlen. Denn gerade solche Maßnahmen tragen oft zur Bruch- und Standsicherheit bei und halten Bäume langfristig verkehrssicher. Die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen erfolgt normalerweise nicht durch den Baumkontrolleur, sondern durch einen Baumpfleger. Dieser ist häufig durch seinen Vertrag mit dem Baumeigentümer weitgehend an die Umsetzung der bei der Baumkontrolle festgelegten Maßnahmen gebunden. Darüber hinaus können Baumpfleger Schadsymptome manchmal besser erkennen und beurteilen aufgrund von:

  • Fachwissen,
  • praktischer Erfahrung
  • und nicht zuletzt deshalb, da sie einen Baum meist länger und aus anderen Perspektiven im Blick haben (Kronenbereiche).

Dadurch kann es zu einer unterschiedlichen Bewertung durch Baumkontrolleur bzw. Baumpfleger und zu Diskussionen mit dem Auftraggeber kommen.

Baumkontrolleure wiederum haben den Vorteil, Regeneration und Baumentwicklung (z. B. nach einer Schnittmaßnahme) noch viele Jahre nach der Maßnahme beobachten und beurteilen zu können - wenn sie Baumbestände über längere Zeiträume betreuen. Wegen eines solchen „Monitorings“ lassen sich dann auch Empfehlungen für eine langfristige Förderung des Baumbestandes ableiten.

Ausbildungskonzept der Münchner Baumkletterschule

Aus folgenden Gründen ist es erforderlich, dass bei Baumbeurteilung und möglichen Maßnahmen Baumkontrolleure und Baumpfleger grundlegend gleiche Kenntnisse besitzen:

  • enge inhaltliche Verflechtung von Baumkontrolle und Baumpflege
  • das mögliche Konfliktpotenzial, dass sich aus unterschiedlichen Perspektiven und praktischen Erfahrungen ergibt

An der Münchner Baumkletterschule werden seit vielen Jahren beide „Berufsgruppen“ weitergebildet. Durch ein vielschichtig aufeinander abgestimmtes Ausbildungsprogramm wird versucht, dem oben dargestellten Anspruch gerecht zu werden. Dabei zeigt sich, dass bei beiden Gruppen ein großes Interesse an einer interdisziplinären Ausbildung besteht. Baumpfleger schätzen die Ausbildung zum FLL-Zertifizierten Baumkontrolleur als wichtigen Baustein für ein kundenorientiertes Leistungsspektrum. Baumkontrolleure verbessern mit praxisorientierten Baumpflege-Kursen ihr Urteilsvermögen bei der Erkennung von Symptomen und der praktikablen Planung von Maßnahmen.

Baumkontrolle

Zentrales Element und damit auch für die Verkehrssicherheit von wesentlicher Bedeutung ist eine regelmäßige Sichtkontrolle (Regelkontrolle). Diese erfolgt als qualifizierte Inaugenscheinnahme (vom Boden aus, ohne Aufgraben der Wurzeln). Ziel einer jeden sorgfältigen, qualifizierten Inaugenscheinnahme sollte die Beantwortung der Frage sein: „Ist die Verkehrssicherheit gegeben?“ Ist das nicht der Fall, besteht selbstverständlich Handlungsbedarf. Die Pflichterfüllung ist erst dann beendet, wenn die Gefahren durch entsprechende Maßnahmen beseitigt wurden. Das können Baumpflege- und Sicherungsmaßnahmen, aber auch die Fällung des Baums sein.

Langfristige Handlungsempfehlungen

Normalerweise werden bei der Regelkontrolle Aussagen über die Verkehrssicherheit des untersuchten Baums für den Zeitraum innerhalb des Regelkontrollintervalls getroffen. Um die Verkehrssicherheit kurzfristig wiederherzustellen und bis zur nächsten Regelkontrolle zu erhalten, sind Maßnahmen, die 1. die Entwicklung des Baums langfristig fördern und/oder 2. künftigen Fehlentwicklungen vorbeugen zwar nicht immer zwingend erforderlich. Für ein sinnvolles Baummanagement sind sie aber sehr wichtig. Wird bei der Sichtprüfung z. B. festgestellt, dass Entwicklungen in der Krone, am Stamm, im Wurzelbereich und/oder im Baumumfeld langfristig zu statischen oder gesundheitlichen Problemen für den Baum führen können, ist es sinnvoll, frühzeitig entgegenzuwirken. Deshalb wird bei der Ausbildung an der MBKS von vornherein auch großes Augenmerk auf den „grünen Weg“ im abgewandelten Schema aus der Baumkontrollrichtlinie (FLL 2010) gelegt. Eine „gute“ Baumkontrolle integriert die Erkenntnisse zur Vitalitäts-, Standraum- und Baumentwicklung in das Konzept zur Baumbeurteilung. Ziel sind immer möglichst gesunde, vitale und verkehrssichere Bäume. Wird Handlungsbedarf im Bereich der Baumpflege frühzeitig erkannt und die entsprechenden Maßnahmen rechtzeitig umgesetzt, wird auch die zukünftige Verkehrssicherheit des Baums gewahrt oder hergestellt. Der Aufwand, der später für Kontrolle und Pflege notwendig ist, wird so möglichst gering gehalten. Zudem sind gesunde, vitale und verkehrssichere Bäume für den Baumeigentümer monetär höherwertig (FLL 2013).

Kurse zum FLL-Zertifizierten Baumkontrolleur

Die Kurse zum FLL-Zertifizierten Baumkontrolleur orientieren sich im Kern daran, was in der entsprechenden Prüfung abgefragt wird. Darüber hinaus wird gemäß dem oben beschriebenen Anspruch der MBKS aber ein besonderer Schwerpunkt auf Planung und Kontrolle fachgerechter Baumpflege-Maßnahmen nach jeweils aktueller ZTV-Baumpflege gelegt.

In den angebotenen Modulen 1 bis 4 erlernen und vertiefen die Kursteilnehmer das theoretische Grundwissen. Außerdem trainieren und ergänzen sie ihre Fertigkeiten für eine fachlich qualifizierte Baumansprache und -kontrolle in praktischen Übungen. In einem Intensiv-Modul werden die Teilnehmer optimal auf die Prüfung zum FLL-Zertifizierten Baumkontrolleur vorbereitet.

Interdisziplinäre Kurse und vertiefende Seminare

Die Maßnahmenplanung bei der Baumkontrolle zielt in erster Linie auf vorbeugende, erhaltende, verkehrssichernde und nachsorgende Maßnahmen ab, die als fachlich anerkannter Stand der Technik geeignet sind, die Bruch- und Standsicherheit wiederherzustellen. Notwendige Eingriffe und deren Intensität wie Kronenpflege, Kroneneinkürzung und Sicherungsmaßnahmen aus der jeweils aktuellen Fassung der ZTVBaumpflege (FLL 2006) sollen möglichst gering gehalten werden. Deshalb sind die Bäume bei der Baumkontrolle stets auch daraufhin zu überprüfen, ob bzw. mit welcher Eingriffsstärke solche Pflegemaßnahmen erforderlich sind. Aus diesem Grund müssen diejenigen, die für Baumkontrolle zuständig sind, neben der Schadenskunde auch Kenntnisse über baumbiologische Zusammenhänge sowie Erfahrungen mit praktischer Baumpflege und deren möglichen Auswirkungen besitzen.

Das Kurskonzept der Münchner Baumkletterschule beinhaltet deshalb spezielle Seminare, die sich sowohl an Baumkontrolleure und Baumsachverständige (mit Schwerpunkt Maßnahmenplanung), als auch an ausführende Baumpfleger richten. Schwerpunkt der interdisziplinären Kurse und vertiefenden Seminare ist die Wissenserweiterung durch Theorie, praktische Übungen und die fachlichen Diskussion mit Kollegen. Durch die kleinen Seminargruppen und die Exkursionen bzw. praktischen Übungen ist die Wissensvermittlung sehr intensiv.

Weitere Informationen zum FLL-Zertifizierten Baumkontrolleur und zum zusätzlichen Kursangebot gibt es online (siehe Lik).

Literatur

  • FLL (Hrsg.): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für die Baumpflege, "ZTV-Baumpflege". Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., Bonn 2006
  • FLL (Hrsg.): Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen -Baumkontrollrichtlinien -. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., Bonn 2010
  • FLL (Hrsg.): Baumuntersuchungsrichtlinien. Richtlinien für eingehende Untersuchungen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen. . Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., Bonn 2013

Der Autor

Dr. Henrik Weiß Dipl.-Ing. für Forstwirtschaft, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Gehölze, Schutz- und Gestaltungsgrün, Gehölzwertermittlung, Baumsanierung und Bewertung der Verkehrssicherheit, Inhaber von Büro Baum & Landschaft, Dresden

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