Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Die Weißtanne ist Tradition, ein Hoffnungsträger im Klimawandel, Holzlieferant und wertiger Baustoff, direkt aus dem Schwarzwald, denn hier ist der Bestand in Deutschland und sogar in Baden-Württemberg am höchsten. Ulrich Pfefferer, Ihr Baumexperte aus Müllheim und Alexander Horr, Schirmherr der Veranstaltung und Geschäftsführer der Badenweiler Thermen und Touristik GmbH, zeigten sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der mittlerweile dritten Baumkulturtage, die sich vom 20. bis 23. Juni 2019 rund um die Weißtanne drehten.

Weißtannenriese mit einem Brusthöhenumfang von 5,85 Meter (Foto: Baumkulturtage/Reidel)

Horr schätzt dabei vor allem die gelungene Kombination aus Kultur und Baumthemen, die sowohl für Fachleute als auch für Laien spannend und wissenserweiternd sind. Besonders beeindruckend war in diesem Jahr sicherlich die Waldexkursion nach Gersbach inklusive einer Baumfällung sowie die Verwendung von Weißtannenholz im Neubau der Energiewerke Schönau, die sich diesem heimischen Material verschrieben haben.

Politische Fürsprache

Patrick Rapp, Forstwissenschaftler und Forstpolitischer Sprecher der CDU im Landtag, zeigte auf, dass Deutschlands Wälder seit über 300 Jahren nachhaltig bewirtschaftet werden. Er warb für mehr Akzeptanz dieser forstlichen Nutzung, die nur so viel Holz entnimmt, wie nachwächst. „Das ist erfolgreich umgesetzter Klimaschutz seit Jahrhunderten“, so Rapp, der sich mehr Wertschätzung und Respekt für die Holzproduktion in der Gesellschaft wünscht. „Falsch verstandene Liebe könnten den Wald und die Bäume erdrücken“, ergänzt der Politiker. Die Verwendung von Holz steht für ein gutes Lebensgefühl, die Produktion dagegen wird häufig als zerstörend wahrgenommen. Rapp sieht hier ein Produkt aus der Region mit kurzen Transportwegen und viel Transparenz. „Die CO2-Speicherung im Holz ist ein wichtiger Klimaaspekt, wenn dieses als Baustoff oder für Möbel verwendet wird“, ergänzt Rapp. Die Holzbauoffensive des Landes rückt zusammen mit der neuen Landesbauordnung, die den Einsatz von Holz nun auch für mehrgeschossige Gebäude erlaubt, diesen Aspekt nun wieder in den Fokus.

Forum Weißtanne: „Schützen durch Nützen“

Meinrad Joos, stellvertretender Vorsitzender im Forum Weißtanne mit knapp 240 Mitgliedern sowie Forstpräsident i.R. des Regierungspräsidiums Freiburg, beschreibt die Weißtanne als wichtigste heimische Nadelbaumart. „Das Forum Weißtanne hat sich die Stärkung der Tannenholzverwendung durch aktive Öffentlichkeitsarbeit zur Verwendung dieses Holzes auf die Fahnen geschrieben“, so Joos. Der Anteil der Weißtanne bundesweit beträgt zurzeit nur 1,7 Prozent, was rund 185.000 Hektar Waldfläche entspricht. Davon stehen allein im Schwarzwald 73.000 Hektar. Die Weißtanne, eine Schattenbaumart – ist nicht nur die Namensgeberin des Schwarzwaldes, so wie er heute existiert, sondern auch weltweit das Symbol für das Weihnachtsfest. Um die Tanne als prägende Baumart zu erhalten, muss ihr Absatz wieder gestärkt werden, denn sie ist neben der Buche die zweite Säule der naturnahen Waldwirtschaft. Zudem ist die Weißtanne eine der Hoffnungsträgerinnen im Klimawandel. Denn laut Joos hat dieser Nadelbaum mit seinen tiefen Pfahlwurzeln im Klimawandel einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Brotbaumart Fichte: Er kommt auch an Wasser in tieferen Bodenschichten. „Unser Netzwerk im Forum Weißtanne geht vom Waldbauer über die verarbeitende Industrie bis hin zum planenden Architekten“, beschreibt Joos.

„Oh Tannenbaum“

Rund 50 Tannenarten gibt es in Mittelamerika, Ost- und Südostasien, führt Privatdozent Dr. Gregor Aas, Leiter des ökologisch-botanischen Gartens der Universität Bayreuth auf. Tannenarten aus Kleinasien und der Türkei überstanden die bislang heißen Sommer im Botanischen Garten in Bayreuth sehr gut. Auch eine Versuchsfläche in Bayreuth mit SilizischenTannen (Abies ciliciana) hat den Sommer 2018 gut überstanden. „Mediterrane Arten sind für uns nicht winterhart genug“, erläutert Aas. Weißtannen sind ein Hoffnungsträger für den Waldumbau. Diese stattlichen Bäume mit bis zu 65 Metern Höhen bevorzugen frische Böden, tolerieren aber auch nasse Standorte. „Stimmt die Wasserversorgung, kommt die Weißtanne sogar mit einem subkontinentalen Klima klar“, weiß Aas. Optimal gedeiht sie im Schatten von Bergmischwäldern. Kleinasiatische Tannen sind in ihrer Holzqualität sehr nahe an der Weißtanne.

Mythen, Fakten und der Klimawandel

Der Schwarzwald besitzt in Deutschland den höchsten Anteil an Weißtannen, deren Ertragskraft in der Champions-League spielt. „Die Fichte erzielt zwar einen höheren Holzpreis, aber die gesamte Ertragsleistung ist sehr ähnlich“, dokumentiert Professor Dr. Ulrich Kohnle, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg, Abteilung Waldwachstum. Den höchsten Ertrag bringt die Douglasie, wenn man die im Schwarzwald angebauten Nadelbäume wirtschaftlich vergleicht. „Die Weißtanne ist ein Pfahlwurzler, was sie zu einer recht sturmstabilen Baumart unter den Nadelgehölzen macht“, so Kohnle. Die Borkenkäferprobematik ist auch bei Tannen vorhanden, aber wesentlich kleiner als bei Fichten. Vor allem heiße trockene Sommer sind gefährlich. „Kernfäulen machen den Tannen nicht zu schaffen und Wundfäulen sind ein hausgemachtes Problem bei der Holzernte“, erklärt Kohnle und ergänzt, dass die Tannenrinde wesentlich besser anhaftet und auch stabiler ist als bei der Fichte. Des Weiteren kapselt die Weißtanne Verletzungen schnell ab. Der dahinter liegende Splint ist voll wassergesättigt, was das Vorankommen des Pilzes meist komplett unterbindet. Tannen lieben einen Sonnenschirm und mögen in der Kindheit und Jugend keinen Freistand. „Darf die Tanne unter höheren Fichten aufwachsen, so profitiert sie 20 bis 30 Jahre davon und überholt dann ihre Schattenspender. „Klimatechnisch wird die Fichte große Probleme bekommen, doch auch die Weißtanne ist als Hauptbaumart im kollinen Bereich (Weinbauklima) nicht geeignet. Vermutlich werden wir diese Klimastufe in rund 90 Jahren auch im Schwarzwald erreichen“, denkt Kohnle. Heiße trockene Sommer, wie beispielsweise in den Nachkriegsjahren des zweiten Weltkriegs und extreme Winterfröste (1956) führten zu einem ausgeprägten Tannensterben. „Die Weißtanne ist eine gute Mischbaumart, aber sie ist nicht der Wunderbaum für den Klimawandel“, schließt der Professor.

Tannenriesen

Ins Reich der Giganten entführte der Vortrag von Wolf Hockenjos, Buchautor und Forstdirektor im Ruhestand. Die Liebe zu den Bäumen und der Natur erbte Hockenjos von seinem Vater, ebenfalls ein leidenschaftlicher Förster. „Der gesetzliche Schutz von Baumriesen im Wald ist eher selten, denn die Waldeigentümer bestimmen lieber selbst über die Nutzung oder die Gewährung des Gnadenbrots“, so Hockenjos. So ist auch die Klemmbach-Tanne an der Sirnitz mit beeindruckenden Ausmaßen von 52 Metern Höhe und einem Brusthöhenumfang (dieser wird auf 130 Zentimetern gemessen) von 5,50 Meter kein behördlich geschütztes Naturdenkmal. Rund 38 Festmeter Holz spricht ihr Hockenjos zu und er hat es geschafft, dass der vermutliche gut 300 Jahre alte Tannenriese trotz seines natürlichen Todes im Herbst letzten Jahres am Standort als Totholz verbleiben darf. Der heiße Sommer hatte das bereits erkennbare Ableben vermutlich beschleunigt. Hockenjos erzählt von der geplanten Fällung der Schillertanne in St. Georgen, die im Jahr 2010 als eingetragenes Naturdenkmal wegen Spechtlöchern und einer vermeintlichen Verkehrssicherungspflicht zur Fällung freigegeben wurde, was verhindert werden konnte. Der Schwarzwälder Rekordhalter ist die 350 Jahre alte Großvater-Tanne, die sich mit ihren 48 Metern Höhe und einem Brusthöhenumfang von 5.50 Meter noch bester Gesundheit erfreut. Deutschlands stärkste Tanne steht im Nationalpark Bayerischer Wald: Die Waldhaus-Tanne ist 53,80 Meter hoch und besitzt einen Brusthöhenumfang von 6,65 Meter. Doch Weißtannen können auch sehr urwüchsige Gestalten sein, wie beispielsweise die Charaktertanne im Höllental. Ihre nahezu unverwüstliche Lebenszähigkeit und Regenerationsfähigkeit hat viele Weid- und Wettertannen hervorgebracht, die laut Hockenjos leider immer weniger werden. Der pensionierte Förster hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Besitzerstolz zu wecken, der seiner Meinung nach viel wertvoller ist als behördlicher Schutz. Auch die Namensgebung bei Tannenriesen wirke Wunder. Eine sorgsame Freistellung der Krone und das Umstellen durch extra hohe Stöcke, damit keine Rücke- und Befahrungsschäden entstehen, hilft diesen Riesentannen ebenso. Der sogenannte „Schattenschlaf“ der Weißtanne ist eine spezielle Überlebensstrategie dieser Baumart bei zu wenig Licht. Die Tanne wächst in dieser Zeit fast nicht, was zu mikroskopisch kleinen Jahrringen führt. Dies macht die Alterstbestimmung bei Weißtannen schwierig. Jedoch ist eine quergerippte Rindenstruktur laut Hockenjos ein deutlicher Hinweis auf ein sehr hohes Alter. Der ehemalige Forstdirektor ist Verfechter des Villinger Jagdmodels: Hier werden unter straffer Regiejagd lediglich jährlich kündbare Pirschbezirke vergeben, um den Weißtannenaufwuchs zu fördern, denn zu hohe Schalenwildbestände setzen durch den Verbiss der Naturverjüngung stark zu.

Der Holzbau-Zug fährt mit geringer deutscher Beteiligung

Willi Sutter, Geschäftsführer und Projektentwickler des Planungsbüros Sutter 3KG aus Kirchzarten ist mittlerweile gefragter Planer, wenn es um Sanierungen denkmalgeschützter Häuser oder aber um Neubauten aus Holz geht. Mehr als 100 Denkmalprojekte hat sein Büro bereits begleitet und vorangebracht. „Wir erklären den Interessenten was man tun kann, wie man dies tun kann und vor allem auch, was für Kosten auf die Menschen zukommen“, so Sutter, der sich ebenfalls im Bereich entsprechender Förderprogramme sehr gut auskennt. „Individuelle Projekte erfordern individuelle Lösungen und Gestaltungen“, so der Geschäftsführer, der in seinem Büro die Kompetenz von insgesamt 25 Mitarbeitern, davon viele Projektentwickler und Bautechniker mit meist handwerklicher Ausbildung, besitzt. Die Vorteile beim Holzbau sieht Sutter in den kurzen Bauzeiten, dem hohen Vorfertigungsgrad, der Langlebigkeit und Dauerhaftigkeit bei hervorragender Wärmedämmung, der Atmungsaktivität sowie der Schadstoffabsorbierung. Eines der vorgestellten Projekte war das neue Bürogebäude von Sutter 3 KG, bei welchem die Weißtanne in ihrer Gesamtheit Verwendung findet, denn selbst die lediglich entrindeten Schwartenbretter wurden für die Außenfassade verbaut, die gleichzeitig als Sonnenschutz dient. Brettschichtholzdecken und Wandbeläge aus Weißtanne und Seekiefer im Innenausbau ergeben zusammen mit Außenwänden aus Holz einen Bau, der lediglich durch eine Wandscheibe aus Beton ausgesteift wird. Ein weiteres spektakuläres Projekt ist das achtgeschossigen Wohn- und Gewerbegebäude aus Holz in Freiburg-Weingarten. Selbst das Treppenhaus und der Aufzugsschacht bestehen aus Holz und Brandriegel aus Metall befinden sich lediglich zwischen den Geschossen. In das Erdgeschoss, welches in Massivbauweise geplant ist, zieht der bereits bestehende Supermarkt mit mehr Fläche ein. Darüber entsteht eine Kita mit Außengelände auf der großzügigen Dachterrasse. In den sieben Holzgeschosse entstehen 30 Wohneinheiten in unterschiedlichsten Größen. Mit Kosten von rund 2.200 Euro pro Quadratmeter auf sieben Etagen ist dieses Projekt auch hier als vorbildlich einzustufen. Das Gebäude erreicht knapp 22 Meter Höhe. Darüber wird es aufgrund der Hochhausgrenze und der Gebäudeklasse 5 mit behördlichen Genehmigungen äußerst schwierig. Sutter beschreibt die Zusammenarbeit mit den Ämtern in Teilen als katastrophal. Als letztes Beispielprojekt zeigt er die restaurierten Talvogtei-Scheunen in Kirchzarten mit ihrem alten Balkenwerk, neuen Fußböden und Wandverkleidungen aus Weißtanne. Das Vorurteil, dass Holzbau teuer ist, entkräftet Sutter mit den Worten: „Das Projekt Talvogtei liegt unter dem Neubaupreis.“ Er findet es sehr schade, dass viele Schwarzwaldtannen nach Vorarlberg exportiert werden, da die Holzwerkstoffindustrie vor Ort verkümmert ist. „Es gibt nicht genügend Verarbeiter in unserer Region, das sollte sich ändern“, so Sutter. Meinrad Joos, Forstpräsident i.R., plädiert zudem für die Verwendung minderer Holzqualitäten im Inneren mehrschichtiger Baustoffe. „Von den Vorarlbergern können wir Deutschen noch viel zum Thema Holzbau lernen“, so Joos.

Mondholz zwischen Tradition und Wissenschaft

Die Wissenschaft sollte nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit schauen, empfiehlt Ernst Zürcher, Professor em. für Holzwissenschaften an der Berner Fachhochschule und Lehrbeauftragter für Holzkunde an der ETH Zürich und EPF Lausanne. Denn hier verbergen sich häufig wertvolle alte Regeln und Jahrtausende altes astronomisches Wissen. Mit dem Konzil von Braga wurde jedoch im Jahr 561 dieser riesige Schatz als heidnischer Aberglaube verboten und die katholische Kirche hat dieses Verbot bis heute nicht zurückgenommen. „Das sind 1.500 Jahre Prägung des Geistes“ so Zürcher. Theoprasthos, ein griechischer Philosoph, beschrieb bereits im Jahr 372, dass das Holz am Beginn des abnehmenden Mondes am härtesten und am wenigsten anfällig gegen Fäule sei. Inzwischen zeigen wissenschaftlich definierte Messreihen mit Splint- und Kernholzproben die Wechselwirkung der Mondphasen auf das Verhalten des Holzes. In den Wintermonaten – von November bis Februar – wird Bauholz deshalb am besten in den drei Tagen nach Vollmond geschlagen. Hier ist der Wassergehalt am geringsten und auch die spätere Möglichkeit der Wasseraufnahme im verbauten Zustand ist minimal. Des Weiteren kann man laut Zürcher die in diesen Phasen geschlagenen Bäume samt Ästen und Rinde bis zu drei Wintermonate liegen lassen, bevor es an die weitere Aufarbeitung geht. Das kommt der Holzqualität sogar zugute. „So können in der passenden Mondphase die Fällungen gemacht werden und das Rücken erfolgt einfach zu einem späteren Zeitpunkt“, empfiehlt Zürcher. Der Wassergehalt im Kernholz variiert auch innerhalb des Jahres. „Holz reagiert viel lebendiger als wir uns vorstellen“, so der Experte. Die Mechanisierung diktiert mittlerweile die Gesetzmäßigkeiten, aber Sommerholz ist physiologisch gesehen einfach nicht so gut. Die größte Differenz des Verhältnisses von Wasser im Holz bestätigte ein Versuch aus dem Jahr 2010 mit insgesamt 600 gefällten Fichten und Edelkastanien. Die größte Differenz war dabei circa 3,5 Tage vor Vollmond bis 1,5 Tage nach Vollmond feststellbar“, zeigte Zürcher auf. Somit schlägt man sein Brennholz am besten kurz vor dem Vollmond, weil es luftiger und poröser ist. Sehr dichtes Bauholz mit dauerhaft an die Zellwände gebundenem Wasser erhält man kurz nach dem Vollmond. „Dieses Holz steht für Dauerhaftigkeit, denn es nimmt im verarbeiteten Zustand viel weniger Wasser auf“, so Zürcher, der weiß, dass die Forstwirtschaft für diesen terminlichen Mehraufwand auch bessere Preise erzielen kann. Die Weißtanne als Weihnachtsbaum fällt man mit diesem Wissen am besten drei Tage vor Vollmond, und dass dies durchaus sehr erfolgreich ist, bestätigte sofort ein Besucher der Baumkulturtage. Auch das stehende Entrinden, das in Skandinavien erfolgreich eingesetzt wird, lässt das Holz durch den langsamen Sterbeprozess extrem hart und trocken werden. „Das Holz verzieht sich später nicht, allerdings ist die Fällung schwieriger und auch hier könnte der Zeitpunkt des Ringelns eine Rolle spielen“, gibt Zürcher den Forstwirten und Waldbesitzern mit auf den Weg.

Exkursionstag - Gersbach und die Riesentannen

Das flügelartige EXPO-Dach von Hannover im Jahr 2000 bezog sein Rohmaterial aus Gersbach im Südschwarzwald. Die 40 Weißtannen auf denen dieses spektakuläre Holzdach steht, waren zwischen 150 und 300 Jahre alt. 17 Meter Länge und ein Durchmesser von 70 Zentimeter am dünnen Ende, so lauteten die Vorgaben. Vor dem Fällen wurden alle Stämme mit Ultraschall auf ihre Tauglichkeit untersucht. Per Hockdruck entrindet, trockneten die Ausgewählten sechs Monate in der Sonne. In genau diesen Wald führten Forstbezirksleiter Bernhard Schirmer und Förster Jörg Gempp die Teilnehmer des Exkursionstages. Die gute Nährstoffverfügbarkeit, eine vergleichbar hohe Niederschlagsmenge zwischen 1.200 und 1.800 Millimeter im Jahr sowie die Speicherfähigkeit der Böden führen im westlichen Südschwarzwald laut Schirmer zu diesem guten Baumwachstum auf einer Höhe zwischen 700 und 1.100 Meter ü.NN. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der sich bei der Verwendung CO2-neutral verhält. Habitatbaumgruppen und ein Totholzbestand von 17,5 Festmeter pro Hektar dienen der ökologischen Waldbewirtschaftung, die neben der Nutzung auch den Erholungseffekt mit im Blick hat. Viele der Schwarzwald-Tannen gehen in den Export nach Japan. Das astfreie und sehr helle Holz wird hier zu Sushi-Brettern und Totenbrettern für das buddhistische Totengedenken verarbeitet. Mittlerweile ist auch die Schwarzwälder Firma Lignotrend zu einem Großabnehmer von Weißtannen zur Herstellung hochwertiger Bauprodukte geworden. Auch in Gersbach wird nach dem Villinger Modell bei der Jagd verfahren. Gempp sieht den Jäger als Dienstleister der Waldbesitzer, um den Verbiss gering zu halten und deshalb vergibt er die Begehungsscheine jährlich neu. Ein Hektar Pflanzung kostet zwischen 8.000 und 10.000 Euro, weshalb die Naturverjüngung unter den Waldbesitzern gern gesehen ist. Damit die Hauptbaumarten ohne Schutz aufwachsen können, muss der Schalenwildbestand auf einem verträglichen Maß gehalten werden.

Ein besonders beeindruckendes Ereignis im Rahmen dieser Waldexkursion war die Fällung einer großen Weißtanne. So mancher Teilnehmer fühlte sich hier emotional tief berührt. Danach führte Gempp die Gruppe zur „Dicken Tanne“, die beim Messen einen beeindruckenden Brusthöhenumfang von 5,85 Meter aufwies. „Die vermutete nicht so gute Holzqualität rettete ihr vor Jahren das Leben, als die Fläche abgeerntet wurde“, erzählt der Förster.

Der neue Bürokomplex der Stromrebellen

Die Energiewerke in Schönau (EWS), auch unter dem Stichwort Stromrebellen bekannt, gingen nach Tschernobyl als eine Handvoll engagierter Schönauer die Energiewende in Eigenregie an. Inzwischen ist das Unternehmen laut Kilian Topp, Regionalmanager EWS Schönau, beständig gewachsen, was den Neubau eines Bürokomplexes erfordert, der im Rahmen der Exkursion im Rohbau besichtigt wurde. Das Untergeschoss und das Erdgeschoss des vom Architekturbüro harter + kanzler & partner aus Freiburg geplanten Gebäudes werden in Massivbauweise aus Sichtbeton erstellt, die drei Stockwerke darüber als Holzbau mit Weißtanne umgesetzt, erläuterte die junge Architektin Vanessa Hiekel zusammen mit Armin Stoll dem Projektleiter. Die Jetdächer sind eine Anlehnung an die alten Bestandsgebäude, die zurückgesetzte verglaste Fassade des Erdgeschosses gibt dem Ganzen einen öffentlichen Charakter. Schwerpunkt der Besichtigung war der Einsatz von Weißtannenholz in Form verschiedenster Produkte und Holzwerkstoffe, unter anderem auch von der Firma Lignotrend aus Weilheim-Bannholz. Das kreuzweise verleimte Deckenelement, das absolut formstabil eine fertige Deckenansicht liefert, ist in diesem Gebäude inklusive Akustikelement verbaut. Die hierbei verarbeitete Weißtanne lässt aufgrund ihrer astfreien Holzqualität sehr edle feine Schlitze zu. Auch die Fensterrahmen aus Weißtanne sowie die Wandvertäfelung aus diesem Holz begeisterte Fachleute sowie Baumliebhaber gleichermaßen.

Werner Eckert, Seniorchef von Lignotrend, erläutert, dass diese Produkte als erste das natureplus Gütesiegel erhielten und seitdem Ruhe in die Schadstoff-Diskussion eingetreten ist. Die Produktion wird halbjährlich vom TÜV zertifiziert. „In öffentlichen Gebäuden wie Kindergärten oder Schulen werden die Werte grundsätzlich kontrolliert und in einem Fall war die mit Insektiziden kontaminierte Schale einer Orange Grund für einen zu hohen Wert, der entsprechend aufgeklärt werden konnte“, zeigt Eckert die Genauigkeit der Messungen auf. Eckert investierte erst kürzlich in ein Schwarzwälder Sägewerk, um den speziellen Bedarf an Holz für seine Produkte noch besser decken zu können. Beim Filetieren der Stämme werden diese in der Blockbandsäge vier- bis achtmal gedreht um so die wertvollen „stehenden Jahre“ herauszulösen. Aber auch der Rest des Holzes wird verwertet. Entweder für Brandlagen oder aber für Verpackungsmaterial wie Paletten.

Weitere Programm-Highlights

Einen sehr außergewöhnlichen literarischen Abend an diesem ersten Tag bescherte die Vorführung das „Kalte Herz“ von Wilhelm Hauff durch das LiteraTheater mit Petra Seitz und Martin Lunz, zusammen mit dem Licht-Eurythmie-Ensemble aus Arlesheim. Bühne war das romantische Naturtheater unterhalb der Burgruine Badenweilers. Der Kohlen-Munk Peter, ein armer Köhlersohn aus dem Schwarzwald, steht in dieser Geschichte für die Gier nach Reichtum und Geltung und verkauft dafür sogar sein Herz.

Der Referentenabend fand bei einem Vier-Gänge-Menü und erlesenen Weinen im Wellnesshotel Post in Badenweiler statt und interessierte Gäste hatten die Möglichkeit, auch an diesen Programmpunkt teilzunehmen.

Waldbaden bei „Dr. Wald“ war krönender Kulturabschluss am Sonntagnachmittag. Besondere Bäume waren Zielpunkt zum Spüren, Anlehnen und Umarmen. Auch das stille Durchschreiten einer Allee konnte erspürt werden. Die Waldbadebegleiter Petra Seitz und Martin Lunz rezitierten Gedichte zum Thema Wald, Bäume und Natur.

Was könnten wir von Bäumen lernen? Von den Bäumen zur Kultur – und retour: Dieser Frage widmete sich Professor Dr. Johann Pfefferer-Wolf, Prof. em. Für Psychaitrie an der Medizinischen Hochschule Hannover im abschließenden Vortrag zu den Baumkulturtagen. Die Stabilität des Ortes, das wäre beispielsweise ein Lernfeld, denn im Gegensatz zum früheren Nomadenleben hinterlässt unsere moderne Art der Fortbewegung seit wenigen Jahrhunderten eine Spur der Zerstörung. Doch selbst das Lernen im sozialen Kontext ist von Bäumen möglich, die über- und unterirdisch miteinander durch verschiedenste biochemische Kommunikationssysteme verbunden sind. Das dritte Feld ist die Ökonomie, eng verbunden mit der Ökologie. „Dabei hat mir die Übersetzung „das rechte Maß“ für die Ökonomie am besten gefallen“, so Pfefferer-Wolf. Und „Maß halten“, das scheinen Bäume in jeglicher Hinsicht umzusetzen.

Thema und Termin für die Baumkulturtage 2020 stehen bereits fest: Vom 11. bis 14. Juni 2020 geht es dann um „Die Eiche – Mythen und Fakten“. Die großartige Fachpartnerschaft mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) bleibt hierfür bestehen. Andreas Ehring, wissenschaftlicher Mitarbeiter der FVA, wird Ulrich Pfefferer auch für die folgenden Baumkulturtage bei der Suche nach anerkannten Referenten und Experten unterstützen.

„Ziel im nächsten Jahr ist es unter anderem, den Besucherkreis auf Fortwirte und private Waldbesitzer auszuweiten, doch die außergewöhnliche Mischung an Programmpunkten bleibt auf jeden Fall bestehen, sie ist das Prädikat der Baumkulturtage“, verrät Initiator Ulrich Pfefferer.

 

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