Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Im Baumbestand der Städte und Gemeinden stellen neue Krankheiten und Schädlinge alle Akteure vor große Herausforderungen von der Baumüberwachung und den richtigen Maßnahmen im Schadensfall bis zu der Auswahl bei Neupflanzungen gibt es mehrere Fragen und Antworten. Darüber waren sich die Teilnehmer des Kongresses zur Baumgesundheit am 25. Januar 2017 auf der Internationalen Pflanzenmesse in Essen (IPM Essen) einig.

Peter Menke (DGS), Franz-Josef Gövert , Karsten Jocksch, Gerhard Renker, Markus Guhl (BdB) und Helmut Selders (BGL) (v.l.n.r..) Foto: BdB

Die Messe Essen hatte in Kooperation mit dem Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. und der Stiftung DIE GRÜNE STADT (DGS) zur Fachdiskussion geladen. Wie man mit einer anhaltend hohen Zahl von Baumschäden durch Insekten, Pilze und Bakterien umgehen kann, war die Frage, mit der sich die Teilnehmenden in drei Impulsvorträgen und einer anschließenden Plenumsdiskussion beschäftigten. Redner waren Gerhard Renker vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer NRW, Franz-Josef Gövert vom Grünflächenamt Münster und Karsten Jocksch vom Sachverständigenbüro Leitsch.

Quarantänemaßnahmen

Mit Pflanzenschädlingen und -krankheiten beschäftigen Menschen sich, solange sie sesshaft sind, Ackerbau betreiben und Gärten anlegen. In einer globalisierten Welt, in der Warenaustausch über weite Distanzen auf dem Landweg, im Wasser und in der Luft alltäglich geworden sind, wandern jedoch immer neue ein. „Neu bedeutet, dass diese Schädlinge und Krankheiten bisher nicht in Europa heimisch waren oder zumindest nicht in größerem Maße aufgetreten sind“, erklärte Gerhard Renker. „Der erste Schritt ist die Beobachtung in Form von Monitorings an neuralgischen Punkten wie Einlassstellen und Importzentren. Im zweiten Schritt muss geklärt werden, ob der jeweilige Organismus ein Schadensrisiko für Kulturpflanzen oder für heimische Pflanzengesellschaften darstellt.“ Risikoanalysen (PRA) werden von der EPPO (European Plant Protection Organisation) und dem JKI (Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Nutzpflanzen) durchgeführt. Anschließende Bekämpfungsmaßnahmen finden auf Grundlage gesetzlicher Regelungen statt. Maßgeblich sind hier die EU-Richtlinie 2000/29/EG (Quarantänerichtlinie) und in Deutschland das Pflanzenschutzgesetz (PflSchG). „Ziel ist es, die Einschleppung neuer Krankheiten und Schädlinge zu verhindern oder direkt nach der ersten Feststellung des Auftretens auszurotten“, so Renker.

„Ein grundsätzliches Problem ist jedoch, dass die Ausbreitung eines neuen Schadorganismus häufig zu spät festgestellt wird. Wenn es bereits zu einer flächendeckenden Verbreitung gekommen ist, machen Ausrottungsmaßnahmen keinen Sinn mehr. Dann gilt es Konzepte zu entwickeln, wie sich das Problem eindämmen lässt.“ Dabei einfach bestimmte Baumgattungen nicht mehr zu pflanzen, hält der Experte für den falschen Weg, da die Schädlinge meist nicht nur einen, sondern mehrere Gattungen befallen.

Vielfalt statt Monokultur

Als Mitarbeiter des Grünflächenamtes beschäftigt sich der zweite Sprecher Franz-Josef Gövert täglich mit Schadensbildern in Münster. Außerdem ist er Mitglied im Arbeitskreis Stadtbäume der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz e.V. (GALK). Durch diesen Austausch mit anderen Kommunen in Deutschland und angrenzenden Nachbarländern, kennt Gövert viele Beispiele, in denen Schadorganismen zum Problem geworden sind: „Ein Umfrage des Arbeitskreises unter unseren Mitgliedskommunen hat ergeben, dass zum Beispiel die Baumkrankheiten Eschentriebsterben und Massaria bei Platanen sowie die Schädlinge Eichenprozessionsspinner und Rosskastanienminiermotte besonders häufig auftreten.“ Wie stark sich ein Schädling ausbreitet, sei auch von klimatischen Verhältnissen vor Ort abhängig. Generell gelte, dass die Bäume infolge von zunehmendem Stress durch Extremwetter, die aufgrund des Klimawandels zunehmen, Bäume weniger resistent gegen die Krankheitserreger und Schädlinge sind. „Die GALK bietet eine Straßenbaumliste mit empfohlenen Arten und Sorten. Grundsätzlich ist eine große Vielfalt an Baumgattungen die beste Voraussetzung, um die Ausbreitung von Baumschäden im Stadtgebiet gering zu halten.“

Eine Übersicht zu Baumgattungen, die sich für unterschiedliche Standorte eignen, bietet auch die KLimaArtenMatrix für Stadtbaumarten und -sträucher (KLAM-Stadt) des BdB (siehe Link).

„Ein kleiner Pilz kann einen großen Baum umwerfen“

Einen praxisnahen Einblick in die aktuelle Situation von Stadtbäumen präsentierte Jocksch. Er verfügt über langjährige Erfahrungen als Baumkontrolleur und wird regelmäßig hinzugezogen, wenn Bäume bereits Schäden an Holz, Rinde oder Blättern aufweisen – und diese können beträchtlich sein. „Ein Massaria-Befall an einem Platanenast ist zunächst nur an der Oberseite sichtbar. Schon bevor man ihn von unten erkennt, besteht die Gefahr, dass er abbricht und herunterfällt“, erklärt Jocksch. „Ein kleiner Pilz kann einen großen Baum so von innen zersetzen, dass die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet ist.“ Einige wenige dieser Pilze sind sogar für Menschen schädlich. Die Sporen der Rosspilzkrankheit etwa können schwere Lungenschäden verursachen. Da immer neue Schädlinge und Erreger hinzukommen, sei es nicht leicht, auf Anhieb die Ursache eines Schadens festzustellen. „Wir arbeiten hier eng mit der Forschung zusammen, die uns anhand von Proben eine sichere Zuordnung liefern kann“, so Jocksch. „Die Bäume leiden auch unter klimabedingter Trockenheit und Hitze. Bei der Ursachensuche muss man auch in Betracht ziehen, dass es sich um Klimaschäden handeln könnte. Generell gilt: Prophylaxe ist immer besser und günstiger als die Heilung auftretender Schäden. Entscheidend ist daher eine Optimierung der Standortbedingungen von Stadtbäumen zum Beispiel durch die Auswahl geeigneter Bäume und durch eine gute Bodenvorbereitung mit speziellen, verdichtungsfähigen Substraten.“ Auch BdB-Präsident Helmut Selders hatte an der Veranstaltung teilgenommen und resümierte: „Unsere Betriebe sind längst dabei, neue Sortimente zu entwickeln, die den steigenden Anforderungen an den Standort ‚Stadt’ besser gerecht werden. Hierbei gilt es, die Bäume zu pflanzen, die auch noch in 50 Jahren unsere Städte lebenswert machen.“

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