Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Landwirtschaft 4.0 birgt immense Vorteile für den Landwirt und die Umwelt - doch momentan behindern ungelöste Fragen zum Datenschutz eine umfassendere Nutzung. Das sei eines der essentiellen Probleme des Smart Farming, meint Prof. Dr. Hans W. Griepentrog, Robotikexperte am Institut für Agrartechnik an der Universität Hohenheim. Landwirte müssten sicher sein, dass mit ihren Daten kein Missbrauch betrieben würde. Doch dafür fehlen bislang sowohl technische Lösungen als auch eventuell neue rechtliche Grundlagen. Landwirtschaft 4.0 ist auch Thema der diesjährigen Cebit in Hannover (14. - 18.3.2016).

Precision Farming in der Praxis (Bildquelle: Bob Nichols, USDA NRCS, Gemeinfrei)

Selbstlenkende Traktoren, die Zeit einsparen und Verluste minimieren, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, die nur an den notwendigen Stellen ausgebracht werden, automatische Ertragskartierung beim Mähdrescher – viele Techniken der Präzisionslandwirtschaft, des Precision Farming, haben längst in den Alltag vieler Landwirte Einzug gehalten.

„Wir können dank GPS und ausgereifter Anwendungstechniken heute sehr präzise arbeiten“, erklärt Prof. Dr. Hans W. Griepentrog vom Fachgebiet Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion an der Universität Hohenheim. In den letzten Jahren sei jedoch ein weiterer Schritt hinzugekommen: Das Smart Farming, das in diesem Jahr unter dem Begriff Landwirtschaft 4.0 bzw. Farming 4.0 auch Thema der Cebit in Hannover ist.

„Über Boden und Pflanzen und die Produktionsbedingungen sind sehr viele Informationen vorhanden“, erläutert Prof. Dr. Griepentrog die Hintergründe. „Landwirtschaft 4.0 verarbeitet diese großen Datenmengen, verknüpft sie, automatisiert Abläufe und unterstützt so den Landwirt beim Entscheidungsprozess.“

Landwirt muss Datenhoheit behalten

Dazu gibt der Landwirt Daten an einen Dienstleister, der auf dieser Grundlage Empfehlungen erarbeitet. Und genau da läge das Problem, so der Experte: „Der Landwirt muss die Datenhoheit behalten und sicher sein, dass seine Daten nicht weitergegeben oder etwa für Werbezwecke verwendet werden.“

Die Datensicherheit müsse daher noch erheblich verbessert werden. „Um das zu gewährleisten gibt es mittlerweile gute Methoden der Verschlüsselung. Es muss sichergestellt sein, dass auf die Daten nur der Adressat, also beispielsweise der Dienstleister, Zugriff hat“, hebt Prof. Dr. Griepentrog hervor.

Personenbezogene Daten seien durch das Datenschutzgesetz vergleichsweise gut geschützt, hält er fest. „Doch hier handelt es sich um Betriebsdaten. Sie fallen unter das Betriebsgeheimnis, das man nicht preisgeben sollte, wenn man am Markt bestehen will.“

Eine klare rechtliche Grundlage dazu würde im Augenblick fehlen. „Doch sie ist zwingend notwendig, damit ein Landwirt Vertrauen zu einem Dienstleister aufbauen kann“, mahnt Prof. Dr. Griepentrog an.

Smart Farming kann Nachhaltigkeit verbessern

Wenn das Problem Datenschutz und -sicherheit gelöst ist, bietet Smart Farming große Vorteile – für den Landwirt und die Umwelt. Denn wenn der gesamte Betrieb analysiert wird, kann das die Nachhaltigkeit wesentlich verbessern.

„Die Produktionsverfahren sind transparenter und können besser gesteuert werden“, erklärt Prof. Dr. Griepentrog. „Das schont Ressourcen und sorgt dafür, dass Umweltschutzauflagen eingehalten werden, beispielsweise indem die Feldspritze oder Düngerstreuer innerhalb des Mindestabstands zu Gewässern automatisch abschaltet.“ Dazu kämen aber auch Fragen der sozialen Nachhaltigkeit: „Man kann zum Beispiel besser im Auge behalten, ob alle Mitarbeiter einschließlich des Landwirts selbst genügend Urlaub bekommen.“

Rolle des Landwirts verändert sich

„Die Rolle des Landwirts ändert sich zwar dadurch, doch er fällt keinesfalls weg“, weiß Prof. Dr. Griepentrog. Die Produktionsprozesse in der Landwirtschaft seien – anders als in der Industrie – sehr komplex, die Produktionsbedingungen ändern sich ständig. „Deshalb wird der Landwirt als Entscheider auch künftig notwendig sein.“

Die Informationsmenge lässt sich nicht mehr manuell bewältigen. Daher analysiert Landwirtschaft 4.0 die Daten und schlägt beispielsweise mehrere Strategien zum ressourceneffizienten Einsatz von Düngemitteln vor. Der Landwirt ist dann gefragt, sich für eine zu entscheiden.

Künftig brauchen Landwirte daher mehr IT-Kenntnisse als heute, werden aber durch die automatisierte Technik von vielen Routinearbeiten entlastet. „Dem Landwirt bleibt dann mehr Zeit für Wesentliches, etwa um die Bestände genau im Auge zu behalten“, so der Experte.

Zukunftsvision: Ökolandbau plus Robotik

„Und auch, wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint: Smart Farming kommt auch dem Ökolandbau zugute“, betont Prof. Dr. Griepentrog. „Elektronische Datenerfassung und Ackerschlagkartei vereinfachen hier ebenfalls die Dokumentation und das Management des Betriebes. Und die Vorteile beim Ausbringen des Saatguts oder beim Kalken der Schläge gelten für den Ökolandbau ebenso wie für die konventionelle Landwirtschaft.“

Im Gegenteil – wenn Prof. Dr. Griepentrog an die Zukunft denkt, schwebt ihm eine Kombination aus Ökolandbau und Robotik als Standard vor: „Die Sensorik erfasst und verarbeitet alle Informationen über Boden und Pflanzen, und die Robotik erledigt dann das Richtige.“ Umweltbelastende Pestizide und Düngemittel würden dadurch schlicht überflüssig. „Und das Ergebnis: Hohe Erträge und Qualität bei hoher Nachhaltigkeit und Umweltschonung.“

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