Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Diese Fragen stellen sich weltweit und sie werden insbesondere in Europa intensiv diskutiert: Wie können sich Städte und Gemeinden auf die Veränderungen durch den Klimawandel anpassen, welche Konzepte gibt es in Reaktion auf den Trend zur Urbanisierung und den damit einhergehenden wachsenden Bedarf nach Wohnraum?

Gerade in den Zeiten der Corona-Pandemie haben sich städtische Grünflächen als unersetzlich erwiesen, um Menschen Zugang zu Freiräumen und Naturerfahrungen zu ermöglichen. (Foto: GPP/VGL NRW)

H. Christian Leonhards: "Grün ist das stärkste Instrument in der Stadtklimatologie." (Foto: VGL NRW/Malte Reiter)

In Nordrhein-Westfalen, wo am 13. September 2020 Kommunalwahlen anstehen, werden diese Fragen inzwischen auch zum Politikum. Klar ist, dass Maßnahmen zur Klimaanpassung primär auf kommunaler und regionaler Ebene getroffen werden müssen, da sich die Auswirkungen des Klimawandels von Region zu Region unterschiedlich zeigen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren intensiv mit der Anpassung an den Klimawandel. Die bereits 2009 entwickelte Klimaanpassungsstrategie wurde 2015 im Klimaschutzplan NRW festgeschrieben.

Aus dem Umweltministerium heißt es, die Klimaanpassung müsse „als gemeinsame Querschnittsaufgabe definiert werden, die von Staat und Gesellschaft auf allen Ebenen wahrgenommen wird und alle Lebensbereiche erreicht.“ Der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westfalen e.V. sieht das ebenso und sieht seine Aufgabe in der Verbesserung der grün-blauen Infrastruktur in Stadt und Land. Präsident H. Christian Leonhards: „Grün ist das stärkste Instrument in der Stadtklimatologie, das ist durch viele wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt. In den Zeiten der Corona-Pandemie hat es sich darüber hinaus als unersetzlich erwiesen, um Menschen Zugang zu Freiräumen und Naturerfahrungen zu ermöglichen.“

Mit Blick auf die letzten zwei Hitzesommer verweist er aber auch darauf, dass in NRW sieben Millionen Menschen, fast 40 Prozent der Bevölkerung, in den Ballungsräumen von großer Hitzebelastung betroffen sind, und das erfordere strukturelle Lösungen.

Gemeinsame Verantwortung

In einem Gespräch mit dem NRW-Umweltausschuss stellte der Verband aktuell seine Positionen zur Kommunalwahl vor und lud landesweit zur Zusammenarbeit mit den Kommunen ein. Leonhards: „Wir wollen als Verband unserer Verantwortung im Schulterschluss mit der Landespolitik und den Städten und Gemeinden auch in Zukunft gerecht werden. Unsere Mitgliedsbetriebe tragen in privaten Gärten und öffentlichen Parks, an Straßen und auf Plätzen, in grünen Städten und Dörfern, in Gewerbegebieten und in renaturierten Landschaftsteilen, aber auch gebäudenah mit Dach- und Fassadenbegrünung sehr konkret dazu bei, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.“

Es gebe große Aufgaben für die Branche in Zusammenarbeit mit Kommunen: „Es gilt, die Städte und Gemeinden klimaresilient weiterzuentwickeln, dazu sind die Sortimente anzupassen, neue Pflanzkonzepte umzusetzen, wirksame Beiträge zum Wassermanagement zu leisten und Lebensräume für Insekten und Tiere zu schaffen, die gleichzeitig Naturerfahrungsräume im direkten Lebensumfeld der Menschen sind.“

Die Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus trügen darüber hinaus auch indirekt dazu bei, die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen, indem sie konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion umsetzen, ihre Fahrzeuge und Maschinen von Verbrennungs- auf Elektroantriebe umstellen und vielfältige Projekte zur Nachhaltigkeit initiieren. Leonhards weiter: „Wir sehen unsere Aufgaben im öffentlichen Grün, aber auch in Projekten zur Wohnumfeldverbesserung und Revitalisierung von Siedlungen oder in der Modernisierung von Spiel- und Freizeitanlagen. Vernetzte Grünflächen, die von jedem Ort in der Stadt in relativ kurzer Zeit fußläufig erreichbar sind, zeichnen die Qualität der Stadt der Zukunft aus.“

Jetzt aktiv werden

Die Klimaanpassung verlangt nach neuen Konzepten der kommunalen Freiraum- und Bauplanung. Leonhards: „Das Thema betrifft jedoch nicht nur die großen Städte im Land, auch in kleineren Städten und Gemeinden sind Maßnahmen gefordert.“ Als Beispiel nannte er die anhaltende Debatte um die Schotterwüsten, die sich seit einigen Jahren insbesondere in Neubaugebieten breit gemacht haben. „Hier ist es erfreulicherweise mit unserer Initiative ´Rettet den Vorgarten` und im Schulterschluss mit Umweltverbänden und vielen Städten und Gemeinden gelungen, eine Trendwende zu erreichen, so dass vielerorts entsprechende Änderungen in der Bauleitplanung bzw. in kommunalen Satzungen beschlossen worden sind. Wir sind davon überzeugt, wenn es uns gelingt, Grün im urbanen und im ländlichen Raum zu stärken und nachhaltig aufzuwerten, wirkt sich das positiv auf unser Klima, aber auch auf die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und die Attraktivität unserer Städte aus. Dafür müssen alle Akteure zusammenwirken.“

Eine grüne Infrastruktur gebe es allerdings nicht zum Nulltarif: vielmehr seien Investitionen in den Erhalt und Ausbau von Grünzügen und Grünflächen in den Städten und Gemeinden ebenso wichtig wie die langfristige Sicherung von deren Pflege. Hierzu sei eine wieder zu stärkende Grünverwaltung vor Ort wichtiger Partner und Garant für eine zukunftsfähige, klimaangepasste und nachhaltig wirksame Kommunal- und Regionalentwicklung.

„Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie beweisen, dass die Grüne Infrastruktur für die Bevölkerung unverzichtbarer Bestandteil des urbanen Lebens ist und es ist zu erwarten, dass sich dies bei den Kommunalwahlen auswirken wird. Jenseits von parteipolitischen Auseinandersetzungen sollte es hier einen breiten Konsens geben.“

 

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