Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Der Garten- und Landschaftsbau in Baden-Württemberg zeigt sich erneut krisenstabil: 1,78 Milliarden Euro Umsatz bedeuten einen Zuwachs von 5 Prozent

Ein erneutes Umsatzplus von 90 Millionen Euro (dies entspricht 5,3 Prozent Wachstum) im Jahr 2020 lässt die Zeichen der Branche Garten- und Landschaftsbau in Baden-Württemberg weiter auf Zuwachs stehen. Insgesamt ist Baden-Württemberg hier mit rund 18 Prozent am Gesamtumsatz der Branche in Deutschland beteiligt. Dieser stieg um 5 Prozent auf insgesamt 9,38 Milliarden Euro. Private Hausgärten sind in Baden-Württemberg mit 62 Prozent (2019: 60 Prozent) das begehrteste Produkt und nach wie vor der Wachstumstreiber. Auf die Öffentliche Hand entfallen nur noch 16 Prozent Umsatz und die Aufträge aus Industrie und Gewerbe schlagen mit 18 Prozent zu Buche. Am Ende des Jahres 2020 verzeichnete der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau 797 Mitglieder. Seit März 2021 steht jedoch die 8 ganz vorne. Die Mitgliederzahl ist auf das Rekordniveau von 800 Betrieben gestiegen. Die Gesamtzahl der Ausbildungsverhältnisse entwickelte sich mit einem Zuwachs von 3,4 Prozent erneut sehr positiv in Baden-Württemberg.

Diese Daten wurden auf der Jahresmitgliederversammlung des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. (VGL BW) in Leinfelden-Echterdingen veröffentlicht.

Ein herausforderndes Pandemie-Jahr

Vor einem Jahr stand die GaLaBau-Branche kurz vor dem ersten Lockdown und niemand wusste, was dies für Auswirkungen haben würde. „Ganze Branchen sind seit fast einem Jahr quasi vollkommen gelähmt und fahren teilweise frontal gegen die Wand. Bis heute sind keine wirklichen Perspektiven zu erkennen. Da sollten wir Landschaftsgärtner dankbar sein und uns demütig zeigen, dass wir hiervon nicht betroffen sind. Wir entwickelten unzählige Hygienekonzepte, führen bis heute Kolonnentrennungen räumlich und ganzheitlich durch und stellen uns den Fragen unserer Mitarbeiter und Kunden. Doch bislang scheint die Branche weitgehend von Infektionen verschont geblieben zu sein“, führt Martin Joos, Vorstandsvorsitzender VGL BW auf. Draußen ist der Abstand fast immer gegeben und die permanent frische Luft macht es dem Virus schwer, infektiös voranzukommen.

Freiheit findet vermehrt im eigenen Garten statt und auch Grünanlagen rücken mehr und mehr in das Bewusstsein der Menschen. „Kein Wunder, dass unsere Dienstleistungen mehr denn je gefragt sind“, freut sich der Vorstandsvorsitzende, der dennoch dazu ermahnt, nicht die Umsatzentwicklung, sondern die Ertragskraft der Unternehmen im Blick zu behalten. Diese sei nach wie vor ausbaufähig, beschreibt Joos und rückt gleichzeitig die bevorstehenden Investitionen durch alternative Antriebsformen sowie die schnell voranschreitende Digitalisierung ins Blickfeld. Anspruchsvolle Umweltstandards fordern die Betriebe und hier sollte der Berufsstand einfach ganz vorne mit dabei sein, um sowohl das Image als auch die Zukunftsfähigkeit zu fördern. „Wenn wir in Zukunft weiterhin qualifizierte und leistungsbereite Mitarbeiter wollen, dann müssen wir diese entsprechend gut und leistungsgerecht bezahlen“, fordert Joos. Die Pandemie hat den Wert des Privatgartens in kürzester Zeit rasant gesteigert, die Auftragsbücher sind bei vielen Mitgliedern voll und nun gilt es, in dieser Komfortzone nicht zu erstarren und sich trotz der vielen Arbeit weiterzuentwickeln. Grund zur Sorge liegt beim Öffentlichen Grün. Der Blick zurück ist positiv, denn auch hier gibt es ein Umsatzplus zu verzeichnen. Doch der Blick voraus geht mit viel Ungewissheit einher. Wie die Kommunen die gestiegenen Ausgaben und die Einbrüche in der Gewerbesteuer durch die Pandemie verkraften, kann bislang noch niemand vorhersagen. Der globale Klimawandel ist eine dringende „Hausaufgabe“ aller Städte und Kommunen. „Global denken, aber lokal handeln, das ist die Marschrichtung, die wir von der Politik in Sachen geplante grüne Infrastruktur fordern. Nur so gelangen wir Zug um Zug heraus aus der klimatischen Sackgasse. Eine Entwicklung hin zu mehr Pflanzen und Natur in den Städten und Gemeinden ist aus unserer Sicht alternativlos“, erläutert Joos.

Aus-, Fort- und Weiterbildung

Ein Thema, was mit großem Nachdruck verfolgt wird, ist die Aus-, Fort- und Weiterbildung. In erster Linie geht es um die Meisterschulen in Heidelberg und in Stuttgart-Hohenheim. Was gerade mit der Staatsschule in Hohenheim passiert, lässt einen laut Joos den Glauben in die Politik und die Verwaltung verlieren. Noch immer wird der Neubau einer Schule mit Internat hinausgezögert. Aufgrund einiger Versäumnisse wurde das entsprechende Budget nicht in den Haushalt 2021 eingestellt. „Das ist unglaublich und wir fordern hier ein klares Bekenntnis der Politik, und zwar jetzt“, zeigt Joos sehr verärgert auf. Das Thema Bildung wird den Vorstand auch auf der Klausurtagung im Sommer 2021 beschäftigen. Hier geht es beispielsweise um die Entwicklung des Berufsstandes bis zum Jahr 2030, aber auch um Veranstaltungsformate und deren eventuellen Wandel.

Neben der Bildung innerhalb des Berufsstandes geht es weiterhin um die Gewinnung begeisterter und engagierter Unternehmerinnen und Unternehmer für verschiedenste Ehrenämter. Steigende Mitgliederzahlen sorgen für eine noch erfolgreichere Regionalarbeit. Deshalb hat der Vorstand sich entschieden, die Regionen mit einer Prämie von jeweils 1.000 Euro zu unterstützen, wenn sie fachlich qualifizierte Mitgliedsbetriebe für den Verband gewinnen.

Mutiger Blick voran

„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance“, zitiert Geschäftsführer Reiner Bierig den französischen Schriftsteller Victor-Marie Hugo. „Ein Unternehmerverband sollte achtsam und mutig nach vorne blicken und kluge Entscheidungen treffen und das sei dem VGL BW im vergangenen Jahr trotz aller Widrigkeiten gut gelungen“, resümiert Bierig. Vor allem die überbetriebliche Ausbildung war von der Pandemie durch Schließung über viele Wochen betroffen und gefordert. Doch auch der Beratungsbedarf der Mitglieder war verständlicherweise beim ersten Lockdown extrem hoch. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen ist mit 33 Neuaufnahmen, die leider auch 24 Austritten gegenüberstehen, zufriedenstellend. Leider hören immer mehr Betriebe altersbedingt auf. Coronabedingt haben auch einige Fördermitglieder die Kostenbremse gezogen und zum Jahresende 2020 gekündigt. „Dennoch ist die Anzahl von 157 Fördermitgliedern eine Rekordzahl. Alles in allem ist der VGL BW durch diese nach wie vor positive Entwicklung finanzstark, schlagkräftig und handlungsfähig“, berichtet Bierig. Die zukünftig größte Herausforderung ist und bleibt die Gewinnung von Fachkräften und Azubis. Erstmalig sind über 500 Ausbildungsbetriebe im VGL BW organisiert, das bedeutet, zwei von drei Mitgliedsbetrieben bilden aus. 70 Prozent aller Azubis im Gartenbau lassen sich zum Landschaftsgärtner ausbilden. Steigerungspotenzial sieht Bierig vor allem bei den kleineren Betrieben, denn hier bildet im Moment nur jeder zweite aus. Die aktuell 1.442 Ausbildungsverhältnisse bedeuten eine Steigerung von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von solchen Quoten können andere Branchen und Berufe nur träumen.

„Den Wegfall von Präsenzveranstaltungen haben wir versucht, durch Kreativität wett zu machen. Wir packen unseren Social-Media-Auftritt in einen neuen Look und sind nun auch auf Pinterest vertreten. Die coronabedingt abgesagten Freisprechungsfeiern ersetzten wir mit einem hochwertigen Geschenk an alle Absolventinnen und Absolventen inklusive herzlichster Glückwünsche. Auch im Bereich Marketing und Kommunikation sind wir schnell auf den digitalen Zug aufgesprungen und riefen zusammen mit dem VGL Bayern und dem VGL in Nordrhein-Westfalen bereits im ersten Lockdown eine äußerst erfolgreiche Marketing-Kampagne für die Sozialen Medien ins Leben. Darauf folgte unsere Fachkräftekampagne, ebenfalls gemeinsam mit dem bayerischen Verband und den Kollegen aus NRW. Auch bei den Masken waren wir schnell dabei und haben werbewirksame Motive für unsere Betriebe produzieren lassen. Mit in die Karten hat uns dieses Jahr zudem das Verbot von Schottergärten durch die baden-württembergische Landesregierung gespielt. Wir nutzten diese Chance und produzierten eine aufschlussreiche sowie lustvolle Broschüre zum Thema Biodiversität in Gärten. Das Umweltministerium nahm dies zum Anlass, die Städte und Landratsämter mit unserer Broschüre „Grüne Gartenvielfalt – jeder Quadratmeter zählt“ zu informieren.

Die ausgefallenen Regionalversammlungen legten wir im Sommer digital in einer Online-Veranstaltung zusammen und rundeten dieses Format mit einer virtuellen Weinprobe gemeinsam mit Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch (MLR) unter der professionellen Anleitung der ehemaligen Weinkönigin Theresa Olkus ab“, berichtet Bierig.

Seit Sommer 2020 ist auch die GaLaBau-Webakademie am Start. Hier gibt es jede Woche spannendes Wissen für die gesamte Branche im Online-Format. „Hier wünschen wir uns definitiv noch mehr Mitgliederzuspruch und -interesse“, ergänzt der Geschäftsführer.

Zukunftsprojekt DEULA Kirchheim/Teck

Seit 1. Januar 2016 ist der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg an der DEULA gGmbH in Kirchheim/Teck mit 35 Prozent der Geschäftsanteile beteiligt. Rückwirkend zum 1. Januar 2021 kommen weitere 50 Prozent der Gesellschaftsanteile hinzu, die sich wie folgt aufschlüsseln: 35 Prozent aus den Anteilen des Verbandes der Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. sowie weitere 15 Prozent des Landkreises Esslingen (vorbehaltlich der Zustimmung des Kreistages). Damit ist der VGL BW nun mit 85 Prozent der Gesellschaftsanteile Haupteigner und stellt zusammen mit der Stadt Kirchheim (15 %) die Weichen für die Neuausrichtung der DEULA. Seit 1. Februar 2021 besteht die Geschäftsführung aus Marco Riley, der für diese Aufgabe vom VGL BW in Teilen freigestellt wird und den bislang alleinigen Geschäftsführer Rüdiger Heining unterstützt. „Ziel ist es, das Fort- und Weiterbildungsangebot für den Gartenbau und die Landwirtschaft ganz gezielt und auf dem modernsten Stand von Wissen und Technik voranzutreiben. Das ist nicht nur aktuell unter Corona-Bedingungen eine große Herausforderung, sondern wird uns auch noch die nächsten Jahre beschäftigen“, offenbart Joos. Der Umsatz der DEULA lag in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt bei rund 2 Millionen Euro, ist aber durch die Corona-Pandemie gesunken. Das Jahresergebnis der letzten fünf Jahre war negativ und durch hohe Abschreibungen auf die Gebäude belastet. „Unser Ziel für das Jahr 2021 ist ein positiver Cashflow und damit einhergehend die Erschließung neuer Einnahmequellen sowie die Reduzierung der Kostenfaktoren, beispielsweise bei der Finanzierung. Kein einfaches Unterfangen, denn in den ersten beiden Monaten konnten keinerlei Präsenz-Fortbildungen stattfinden“, erläutert Joos.

Geplant ist der Aufbau eines modernen grünen Bildungszentrums, welches den Bedarf an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Mitgliedsbetriebe deckt, beispielsweise durch die von der Agentur für Arbeit geförderten Qualifizierungsangebote für zukünftige Fachkräfte. Des Weiteren ist der Ausbau der überbetrieblichen Ausbildung für den GaLaBau, den Gartenbau und den Landmaschinentechniker geplant. Aber auch neue Angebote, wie die digitale Baustellenabwicklung, befinden sich bereits in der Entwicklungsphase. „Die Digitalisierung bringt auch für den Garten- und Landschaftsbau viele Veränderungen auf der Baustelle, in der Ausbildung und im Büro, beispielsweise bei Aufmaß, Abrechnung und Buchhaltung mit sich. Hierfür möchten wir unsere Mitgliedsbetriebe rechtzeitig rüsten und orientieren uns sowohl am Bedarf als auch am Markt. Bei der Entwicklung dieser Weiterbildungen arbeiten wir deshalb im fachlichen Bereich aber auch bezüglich der Präsentationstechnik und der Didaktik mit Profis und Experten zusammen“, präzisiert Joos dieses spannende Fortbildungsfeld. Das Thema Arbeitssicherheit, sozusagen einer der „Klassiker“ unter dem bereits bestehenden Bildungsangebot, wird ebenfalls mit neuen Angeboten auf den aktuellen Bildungsmarkt ausgerichtet. „Unser Ziel ist es, das lebenslange Lernen zu fördern. Wissen ist Macht, Wissen bringt bessere Renditen und Wissen lässt unsere Mitgliedsbetriebe am Markt die Nase vorne haben“, begeistert Joos für diese neue Aufgabe.

Zwei Gartenschauen in einem Jahr

Die Pandemie macht es möglich: Das Jahr 2021 wird das Jahr der Gartenschauen, da nun Überlingen und Eppingen zusammen stattfinden. „In Überlingen erwarten insgesamt 13 geniale Gärten zu Lande und auf dem Wasser die Besucher, aber auch die GaLaBau-Unternehmer mit Ihren Mitarbeitern und dem Gemeinderat sind gern gesehene Gäste“, fordert Joos auf. In Eppingen präsentieren sich insgesamt fünf Mitgliedsunternehmen und zum ersten Mal ist hier sogar das Thema Sportplatzbau als Schaugarten mit einem witzigen Konzept vertreten. Die alten und auch die neuen Gartenschauen mit ihren wunderbaren Schaugärten werden demnächst Besucher der digitalen Plattform Pinterest beeindrucken. Eine neue eigene Webseite begleitet ab diesem Jahr die aktuellen Gartenschauen in Überlingen und Eppingen.

Bereits im Dezember 2020 vergab das Land Baden-Württemberg die weiteren Gartenschauen ab 2031 bis in das Jahr 2036. „Das ist ein starkes Signal an unseren Berufsstand“, ist Joos begeistert. Die guten und stets gepflegten Kontakte zur Politik, beispielsweise durch die Pflanzung von Klimabäumen mit der Unterstützung des Bund deutscher Baumschulen Baden und Württemberg, tun ihr Übriges hinzu, das wichtige Grün in jeglicher Hinsicht in Szene zu setzen.

 

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