Die vom Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG) initiierte, organisierte und am 20. und 21.10.2022 in Berlin und online durchgeführte Hybridveranstaltung beleuchtete das Thema Solar-Gründächer aus verschiedenen Blickwinkeln mit insgesamt 20 Fachvorträgen und sieben Produktpräsentationen im Rahmen von sechs Themenblöcken (Einführung und Bestandsaufnahme, Vorteile der Kombination von Solar und Dachbegrünung, Technische Lösungen, Praxisberichte und Kosten-Nutzen-Betrachtungen, Gesetzliche Vorgaben und Förderinstrumente, Flächenpotenziale und aktuelle Forschungen).
Im Anschluss an die Themenblöcke wurden offene Fragen der Teilnehmenden in Podiumsdiskussionen beantwortet.
BuGG-Präsident Dr. Gunter Mann freute sich bei seiner Begrüßungsansprache über die Teilnahme von über 400 Personen mit einem großen Anteil an Städtevertreter*innen und über das Interesse der Politik. Neben Staatssekretär Christian Kühn (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) konnten Staatssekretärin Dr. Silke Karcher (Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz) und Staatssekretär Tino Schopf (Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe) für ein Grußwort gewonnen werden, was verdeutlicht, dass sich die Politik des Themas bewusst ist und dies ressortübergreifend betrachtet. Zwei Berliner Senatsverwaltungen hatten die Schirmherrschaft inne, die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe förderte zudem den Kongress.
Nach den Begrüßungsansprachen von Politik, Dr. Gunter Mann vom BuGG als Veranstalter und Laura Ferreri von der Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) als Kooperationspartnerin ging es mit der Forderung von Harald Uphoff von der 100 prozent erneuerbarer stiftung nach einer Bundesförderung gleich richtig los. Rebecca Gohlke (BuGG) griff dieses Thema am zweiten Kongresstag in ihrem Übersichtsvortrag zur Förderung von Solar-Gründächern in Deutschland wieder auf und konkretisierte den Vorschlag einer Bundesförderung von Bauwilligen, die zur PV-Pflicht freiwillig eine Dachbegrünung kombinieren. Vorgeschlagen wurde, dass der Bund sowohl die Herstell- als auch die Pflegekosten (für drei Jahre) des Gründaches größtenteils übernehmen soll.
Die Themenblöcke wurden von Friederike Skorning (100 prozent erneuerbar stiftung), Elisabeth Gruchmann-Bernau (GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations-GmbH), Philip Witte (Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks ZVDH), Sven Ullrich (Redaktion photovoltaik) und Laura Ferreri (DGS) moderiert.Dabei wurden viele Informationen und Anregungen vermittelt, u. a.:
Solar-Gründächer schränken die bekannten positiven Wirkungen von Dachbegrünungen nicht ein – es bleiben beispielsweise Artenvielfalt und Abflussbeiwerte im gleichen Umfang erhalten.
Es gibt verschiedene, mehr oder weniger vergleichbare Untersuchungen, die herausgefunden haben, dass sich der Ertrag einer PV-Anlage durch die Kombination mit einer Dachbegrünung aufgrund deren Kühleffekte steigern lässt – dennoch gibt es hier noch großen Forschungsbedarf.
Die Erfolgsfaktoren für dauerhaft funktionsfähiger Solar-Gründächer sind unter anderem Vermeidung von Verschattung der PV-Module durch ausreichend hohe Aufständerungen, Planung von Reihenabstände (die eine fachgerechte Pflege und Wartung erlauben), Verwendung von auflastgehaltenen Systemen und die Koordination der beteiligten Gewerke.
Es gibt verschiedene auflastgehaltene Produkt- und Systemlösungen auf dem Markt: die klassischen Süd-, Ost/West-Module, die bisher eher in der Schweiz verwendete senkrechte (bifazialen) Module und die neu präsentierten waagrechten Röhrenmodule.
Photovoltaik lässt sich nicht nur mit einer extensiven Dachbegrünung kombinieren, sondern auch mit Biodiversitäts- und Retentionsfunktionen zu einem „Solar-Biodiversitäts-Retentions-Gründach“ ergänzen. Dachflächen sollen und müssen multifunktional genutzt werden.
Auch intensive Dachbegrünungen (Dachgärten) lassen sich mit PV bestücken - in Form von Pergolen mit semitransparenten Modulen.
Die häufigsten Fehler sind Nichteinhaltung von Abständen, fehlende Gewerkeabstimmung, falscher nachträglicher Einbau von PV auf bestehenden Dachbegrünungen und fehlende Pflege.
Handlungsbedarf besteht vor allem bei der Zuteilung der Koordination in Bezug auf die gewerkeübergreifenden Planung, Erstellung und Instandhaltung / Pflege von Solar-Gründächern.
Immer mehr deutsche Städte fördern Dachbegrünungen mit finanziellen Zuschüssen und immer mehr die Kombination PV und Begrünung - siehe BuGG-Marktreport GebäudeGrün 2022.
Abschließend wurde die Frage diskutiert, ob es einen Zielkonflikt zwischen PV und Gründach gibt und wie Städte mit der PV-Pflicht, sowie Begrünungsvorgaben im Bebauungsplan umgehen. Immer häufiger wird die Kombination von PV und Gründach als nachhaltige und zukunftsorientierte Lösung gesehen.
Unterstützt wurde der Fachkongress durch verschiedene Sponsoren (Gold: Foamglas, Bauder, Optigrün, Zinco; Silber: Kraiburg, Urbanscape Knaufinsulation) und Kooperationspartner (Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie DGS Berlin, 100 prozent erneuerbar stiftung, Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL), Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen e.V. (BDLA)) und die beiden Partnerverbände aus Österreich (VfB) und der Schweiz (SFG).
Auf der begleitenden Fachausstellung wurden Fachinformationen sowie Produkt- und Systemlösungen präsentiert und die Experten und Expertinnen standen als praxisnahe Ansprechpersonen den Teilnehmenden vor Ort Rede und Antwort.
Die wichtigsten Ziele des Fachkongresses wie die Vernetzung der verschiedenen Akteure und Branchen, das Nehmen von Ängsten und Vorbehalten, Wissensvermittlung und Erfahrungsaustausch wurden erreicht. Die neuen Erkenntnisse werden bei der derzeitigen Überarbeitung der BuGG-Fachinformation „Solar-Gründach“ berücksichtigt.