Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Wenn einer eine Reise tut, wird er was erleben. Wirklich viel erlebt haben die 36 Teilnehmer der vom Verband GaLaBau Baden-Württemberg e.V. organisierten Reise nach London. Die Chelsea Flower Show, Wisley Garden und die Gärten von Hampton Court standen auf dem Programm.

Gruppenfoto der Teilnehmer (Foto: Petra Reidel)

Englischer Gartenflair (Foto: Petra Reidel)

Chelsea Flower Show

Am 23. Mai war es endlich so weit und die 36 Teilnehmer der Londonreise fanden sich frühmorgens auf dem Stuttgarter Flughafen ein. Am späten Vormittag betrat man gemeinsam das erste Reisehighlight, die Chelsea Flower Show. Bis auf den Reiseleiter und Englandspezialisten Werner Molitor, hatte noch keiner der Mitreisenden die Flower Show live gesehen und alle waren überwältigt von den Eindrücken. 20 Showgärten, zwischen 230 und 400 Quadratmeter groß und für nur fünf Ausstellungstage gebaut, beeindruckten durch absolute Perfektion.

Die verwendeten Stauden und Gräser waren in voller Blüte, die Gehölze und Bäume satt grün und von sehr guter Qualität. Zwischen den Pflanzungen war kein Fleckchen blanker Erde sichtbar und den Showgärten lagen die unterschiedlichsten Konzepte zugrunde. So zum Beispiel die Idee, wie der Garten eines Astronauten aussehen könnte, der 600 Flugtage zum Mars und zurück und jede Menge "Weltall-Eindrücke" hinter sich hat. In diesem "Astronautengarten" gab es dann auch einen Krater mit weichen Kissen, statt einer Terrasse zum Entspannen. Der verwendete Beton war orange, kupfer und grau eingefärbt und den Farben des Planeten Mars nachempfunden.

Die Bepflanzung bestand aus Sukkulenten, Kakteen und riesigen Hängeampeln mit Ringelblumen. Der "Fortnum & Mason Garten" zeigte sich luxuriös, wie sein Sponsor Fortnum & Mason, eines der traditionsreichsten und bekanntesten Kaufhäuser Londons. Eine großzügige Terrasse vor einer Mosaikwand, umgeben von zwei quadratischen Wasserbecken, eingefasst mit geschnittenem Buchs, ließ mehr als nur einen Hauch Luxus über diese Anlage wehen. "The Westland Garden" war von zwei Landschaftsarchitekten für ältere Paare entworfen, beeindruckte mit seiner Gestaltung aber durchaus auch jüngere Leute.

Den Mittelpunkt bildete ein sehr modernes Studiogebäude mit in sich verwobener Architektur aus Holz und Glas. Die in Blütenformen gepflasterten Wege mit geschnittenen Buchskugeln anstelle der Staubgefäße waren fröhliche Hingucker. Stahlstühle in Margaritenoptik komplettierten dieses Thema perfekt. Neben den Showgärten gab es in Chelsea vier weitere Gartenkategorien: kleine Hinterhofgärten, Trendgärten, Stadtgärten und neu seit 2007 Dachgärten bzw. Dachterrassen für den urbanen Standort.

Neben den Showgärten hatten es dem Publikum vor allem die Hinterhofgärten angetan. Mehrreihige Schlangen von Besuchern sammelten sich vor den Absperrungen und Gartenzäunen, denn keiner der Gärten darf in Chelsea betreten werden. Nach insgesamt sechs Stunden der intensiven Gartenstudien waren sich die baden-württembergischen Landschaftsgärtner einig, die Engländer können wirklich eindrucksvolle Gärten planen und bauen. Die persönliche Speicherkapazität der meisten Teilnehmer war völlig ausgeschöpft und viele nutzten die U-Bahnfahrt zum Hotel, um ihre Gedanke zu sortieren oder sich mit Kollegen auszutauschen.

Wisley Garden

Das heutige Areal von Wisley umfasst 97 Hektar und gilt seit über 100 Jahren als Mekka für Gärtner und Gartenliebhaber. Die ersten 24 Hektar kaufte im Jahr 1878 George Ferguson, der ehemalige Leiter der Finanzabteilung der "Königlichen Gartenbau Gesellschaft" bzw. Royal Horticulture Society (RHS). 1903 erwarb Sir Thomas Hanbury dieses Grundstück, auf welchem sich der von Ferguson gegründete "Oakwood experimentalen garden" befand und stiftete alles treuhänderisch der RHS. Diese siedelte 1904 nach Wisley um und hatte nun endlich ein Gelände zur Verfügung, das außerhalb des Londoner Smogs lag. Um die Jahrhundertwende kamen Steingärten in Mode und so war dann auch der "Rock Garden" das erste große Projekt der Königlichen Gartenbau Gesellschaft, welches Wisley in aller Welt berühmt machte. Der Steingarten existiert noch heute und beeindruckt seine Besucher nach wie vor.

Die Etikettierung der Pflanzen ist durchgängig und die Farbenpracht im Mai unglaublich - ein Eldorado für Pflanzensammler und zugleich Ideengeber. Oberhalb des Steingartens befinden sich einige interessante Beispiele für bepflanzte Natursteinmauern. Die Mauern wurden von den baden-württembergischen Landschaftsgärtnern intensiv begutachtet. Danach ging es unter der ortskundigen Führung von Werner Molitor über breite Rasenwege zu konkreten Beispielsgärten. Molitor erläuterte, dass die Engländer die Struktur des Gartens gerne durch Hecken, Mauern, Beetformen und Wege vorgeben. Zudem lieben die Engländer laut Molitor Wände und Mauern aus Ziegeln oder Eiben. "In extra geschaffenen Blickachsen stehen oft gemütliche Gartenbänke, die durch ihre Form dem Ausruhenden eine gewisse Geborgenheit schenken", erklärte Molitor.

Auch ein ehemaliger Gewinnergarten der Chelsea Flower Show ist innerhalb dieses Areals zu finden. Somit ist Wisley nach wie vor Ideenlieferant für viele Gärten und Gärtner. In den "Mixed border", den gemischten Pflanzenrabatten, finden sich Stauden, Gehölze und einjährige Pflanzen. Die hoch wachsenden Staudenarten, wie zum Beispiel Rittersporn, sind in den Rabatten durch handgeflochtene Gerüste aus Haselnuss- und Birkenästen gegen den Wind gestützt. Diese Gerüste werden laut Molitor von den Gärtnern jährlich neu und völlig ohne Hektik geflochten und gesteckt - kaum vorstellbar für deutsche GaLaBauer. "Die Pflanzenmischung wiederholt sich in den Rabatten immer wieder, was zu einem ruhigeren Pflanzbild führt", erzählte Molitor. Leider war es für die Stauderabatten noch zu früh im Jahr. Die Mixed border zeigten keine Blütenfarben.

Für den perfekten englischen Rasen werden nur Spindelmäher mit Walzenantrieb verwendet. Diese sind laut Molitor in der Anschaffung teurer, hinterlassen aber am nächsten Tag keine abgeschlagenen gelben Halmspitzen, sondern satten grünen Rasen wie mit der Schere geschnitten. Alle Rasenkanten werden mit dem so genannten Halbmond regelmäßig abgestochen und von Hand mit einer Spezialschere nachgeschnitten. Vor der kleinen Wanderung durch das Pinetum mit teils uralten Nadelgehölzen stärkten sich die Landschaftsgärtner durch eine kleine Teepause. Mit der Pflege sind in Wisley zwischen 50 und 60 Gärtner beschäftigt. Die Anlage ist insgesamt in 27 Bereiche untergliedert, die immer wieder durch Blickachsen miteinander verbunden sind. Nach der Chelsea Flower Show war Wisley wirklich ein weiteres Highlight dieser Reise. Markus Glatz und Jürgen Adels waren derart beeindruckt, dass sie spontan beschlossen, Mitglieder der RHS zu werden.

Hampton Court - Privy Garden

Am Nachmittag schloss sich der Besuch der Gärten von Hampton Court an. Der bekannte und riesige Palast ist rundum mit Gärten eingerahmt und beinhaltet eine absolute Rarität: den wieder hergestellten privaten Garten (Privy Garden) von William III, aus dem Jahr 1689. Behutsam trug man 1995 Schicht für Schicht dieses bis dahin waldparkähnlich überwachsenen Geländes ab, um den ursprünglichen Zustand herauszufinden. Infrarot-Wärmekameras zeigten hierbei den archäologisch arbeitenden Gärtnern die ehemaligen barocken Beetformen und Pollenanalysen und Fragmente von Pflanzlisten gaben Auskunft über die damalige Bepflanzung, die laut Molitor nicht besonders vielfarbig war.

Die Zeit der farbenprächtigen Pflanzenzüchtungen kam erst danach. So waren bunter Kies, Ornamente und Standbilder die damaligen Gestaltungsmittel. Der Garten konnte im 18. Jahrhundert durch ein wunderschönes schmiedeeisernes Tor am Themseufer betreten werden. Dieser Blick über den Garten bis hin zum Palast ist heute noch beeindruckend. Dieser Zugang war damals von den Gärtnern dick mit Kies angeschüttet worden, was den feinen Damen mit ihren schicken Schuhen einiges an Mühe bereitete. William beauftragte deshalb einen Holländer mit der Umgestaltung der Wege. Dieser brachte Flusssand und Staub mit ein und erfand somit den Vorläufer der wassergebundenen Decke. Im privaten Garten fanden damals nicht nur neckische Spiele für die Verwandtschaft des Herrschers statt, sondern es gab auch gutes Essen. So hielt sich William III die Widersacher vom Halse, um in Ruhe zu regieren. Durch einen neu entstandenen Weg blicken die Besucher nun von oben in die Anlage, was einen guten Überblick verschafft.

Molitor erläuterte an einer kleinen Pyramideneibe, wie die Engländer schon diese kleinen Pflanzen Jahr für Jahr in Form schneiden. Von Hand und mit der Schere werden sie, sobald der Austrieb die Farbe der alten Nadeln hat, geschnitten. Der Testgriff einiger Garten- und Landschaftsbauer endete mit erstaunten Blicken, denn die Pflanzen fühlten sich sehr hart und stabil unter ihrem grünen Mantel an. "Durch dies Art von Schnitt ist es möglich, die Eiben auch später nur mittels einer angelehnten Leiter zu schneiden", erklärte Molitor den Hintergrund dieser Schnittweise. Diese Technik beeindruckte alle Teilnehmer, vor allem beim Blick auf die riesigen dreihundert Jahre alten Eiben des angrenzenden "Fountain Gardens".

Auch die versenkten Blumengärten (Pond Gardens) und die 1768 gepflanzte und mittlerweile riesige Weinrebe begeisterten die Landschaftsgärtner. Der Rückweg durch den Rosengarten, der in diesem Jahre bereits in voller Blüte war, verwöhnte die Reisegruppe am Ende ihrer Gartenexkursion mit viel Duft und Farbe. Am letzten Tag der Londonreise gab es dann noch ein bisschen Kultur in Form einer geführten Stadtrundfahrt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Londons.

Erschöpft, aber äußerst zufrieden mit dem abwechslungsreichen und informativen Programm ihres Reiseleiters Werner Molitor und natürlich auch mit dem sonnigen Wetter, kamen die Mitgliedsbetriebe Freitagnacht wohlbehalten wieder in Stuttgart an. Die ersten Anfragen nach einer weiteren Englandreise liegen der Verbandsgeschäftsstelle bereits vor und nachdem die Nachfrage bei dieser Reise höher war als die angebotenen Plätze, sehen die Chancen hierfür nicht schlecht aus.

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