Sichtbare Erfolge sind das Ergebnis einer Forschungskooperation der besonderen Sorte: Vier Jahre lang forschten deutsche und chinesische Nachwuchswissenschaftler in binationalen Zweierteams an Fragen, wie die drastische Umweltbelastung der chinesischen Landwirtschaft verringert und dennoch hohe Erträge erzielt werden können.
Neue angepasste Maissorten, verbesserte Management-Strategien und Schadstoffmessungen sind Erfolge, die auch die Gutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) überzeugten: Am vergangenen Freitag beschloss die DFG, das innovative Projekt viereinhalb weitere Jahre mit rund 2,8 Millionen Euro zu finanzieren. Auf chinesischer Seite fördert das chinesische Bildungsministerium das Kooperationsprojekt.
Stinkende, schwarze Flüsse winden sich durch endlose Mais- und Baumwollfelder, Giftstoffrückstände in Pflanzen erreichen riskante Werte, der Grundwasserspiegel fällt stetig ab. Mit maximalem Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln hat China der Ebene rund um Peking immerhin zwei Ernten pro Jahr abgerungen. Als Kornkammer der Nation muss die nordchinesische Tiefebene rund ein Drittel des Milliardenreiches ernähren. Die Quittung: eine Fläche von knapp Zweidritteln der BRD, der nun der ökologische Kollaps droht.
Hunger oder Umweltkatastrophe - den Glauben, dass dies die einzigen Alternativen der Welt angesichts globaler Nahrungsmittelkrisen sein sollen, bringt Prof. Dr. Reiner Doluschitz als Leiter des deutsch-chinesischen Forschungsprojektes zum Einsturz: "Unsere bisherigen Forschungen kommen zu dem Ergebnis, dass gleiche Erträge auch mit weniger Düngemittel, Wasser und Energieaufwand möglich sind", macht der Agrarexperte der Universität Hohenheim Mut.
Kooperation der Landesbesten
Vier Jahre lang arbeiteten elf wissenschaftliche Tandems mit je einem deutschen und einem chinesischen Agrarexperten an Lösungsansätze für die Kornkammer Chinas. Sie studierten Ausmaß und Herkunft der Schadstoffe in Boden, Luft und Wasser, züchteten neuen Mais, der mit weniger Dünger und Wasser auskommt, und entwickelten Strategien für nachhaltiges Management. "Nachwuchsförderung auf Spitzen-Niveau" urteilt Prof. Dr. Doluschitz.
Kein Wunder, denn in ihren Heimatländern gelten die China Agricultural University und die Universität Hohenheim als Projektpartner jeweils als Nummer Eins in den Agrarwissenschaften. Allein auf deutscher Seite verfassten die 13 deutschen Nachwuchsforscher 20 Fachaufsätze, zwölf Doktorarbeiten sind bereits abgeschlossen oder im Endstadium.
Vorzeigeprojekt dank 30 Jahre Zusammenarbeit
Auch in der Deutschen Forschungsgemeinschaft werde das binationale Graduiertenkolleg als Vorzeige-Projekt gehandelt. "Insgesamt haben wir knapp 30 Jahre Erfahrung in der deutsch-chinesischen Forschungskooperation. Ein Vorsprung, um den uns Viele beneiden, die erst in den vergangenen Jahren ihre Fühler Richtung Ferner Osten ausstreckten", begründet der Rektor der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Hans-Peter Liebig. Der sinophile Rektor freut sich deshalb ausgesprochen über die erneute Verlängerung des Projektes: "Gerade in Zeiten, in denen China auf ambivalente Weise im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit steht, müssen Wissenschaftler bei Lösung solch gravierender Probleme zusammenarbeiten. Wir dürfen China damit nicht alleine lassen."
Mit neuen Ideen in die zweite Runde
Umso mehr, als das Forschungsprojekt um einige Facetten erweitert wurde, deren Dringlichkeit zum Projektbeginn noch gar nicht ersichtlich waren. Neu im Fokus der Forschungsagenda 2008 stehen Projekte zu effizienteren Bewässerungstechniken, die der Wasserarmut der Region entgegenwirken, sowie zum bedarfsangepassten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, um die Umwelt zu schonen und Ernteeinbußen zu minimieren."Es gibt noch viel tun", umreißt Prof. Dr. Doluschitz die Lage. Leider sei das Problembewusstsein sowohl in der Politik als bei den chinesischen Landwirten noch sehr gering. Ein wichtiger Schritt sei deshalb auch, für eine bessere Ausbildung der Landwirte zu sorgen. Der Norden Chinas wird fast ausschließlich von Kleinbetrieben bewirtschaftet. "Wenn sich die einzelnen Farmer-Haushalte zu Verbünden zusammenschließen, könnten moderne Maschinen helfen, die Effizienz auf umweltfreundliche Weise zu steigern", so der Agrarexperte.