Kritik hat nichts mit „meckern“ zu tun! Dieses ständige Nörgeln und Runterziehen ist nicht gemeint. Kritikfähigkeit umfasst das „aktive Kritik üben“, aber auch das „passive Kritik annehmen“. Berechtigte Kritik muss klar und verständlich formuliert werden. Und der/die Kritisierte muss die Chance haben, zur Kritik Stellung beziehen zu können. Nur in wenigen GaLaBau-Unternehmen gelingt es, mit Kritik erfolgreich umzugehen. Oft schwelt im Hintergrund Kritik, aber keiner traut sich, „das Feuer zu lokalisieren und es zu bekämpfen“.
Der Alltag ist meist sehr stressig: Früh am Morgen werden die Mitarbeiter neu eingeteilt, weil einige fehlen. Da ist kaum Zeit für ein vertrauensvolles Gespräch. Der Bauleiter gibt an seine Vorarbeiter Anweisungen. Dabei kritisiert er nebenbei den Gehilfen, Josef, vor versammelter Mannschaft. Er habe auf der Baustelle X mehrmals geraucht und die Kippen ins Staudenbeet geworfen. Der Bauleiter ruft ihm zu: „Jo., wir sprechen uns noch!“ Diese Kritik sitzt. Jo. schluckt; er möchte Näheres wissen, muss aber mit seiner Kolonne abfahren. Hier ist einiges schief gelaufen, das nicht hätte sein müssen.
Der Bauleiter hätte die Kritik der Kundin nicht so ohne weiteres und unreflektiert weitergeben dürfen. Er hätte den Mitarbeiter unter vier Augen sprechen müssen. Oder es wäre besser gewesen, nach Feierabend einen Termin festzulegen. So aber wurde Ärger geschürt, der keinesfalls die Laune des Mitarbeiters fördert. Das wurmt den Landschaftsgärtner, Josef, der sich eigentlich als fleißig und zuverlässig einstuft würde. Er sinniert, worum er so scharf vor versammelter Mannschaft kritisiert wurde.
Kritikfähigkeit ist wichtig, aber man sollte mit Kritik sehr vorsichtig umgehen. Dabei gilt der alte Satz: Der Ton macht die Musik! Wie oft kommt es vor, dass ein Vorarbeiter und sein Team von ihrem Chef kritisiert werden, weil sie vielleicht etwas vergessen, bzw. falsch gemacht haben. Wenn keine Zeit zur offenen Auseinandersetzung bleibt, rumort diese Kritik. Je nach Sachlage sollte die Kritik möglichst zeitnah erfolgen. Dies erfordert ein schnelles Entscheiden und präzises Artikulieren. Ansonsten muss der richtige Zeitpunkt abgewartet werden, damit die Wirkung nicht verpufft. Nichts ist unerfreulicher, als wenn man die Kritik „hintenrum“ erfährt. Dabei verursacht sie nur unnötigen Ärger. Man sollte dem anderen immer eine Chance geben, sich unmittelbar zu stellen und Zusammenhänge klarzustellen.
Herrscht in der Firma kein offenes Gesprächsklima, dann fällt es schwer, jemanden darauf aufmerksam zu machen, dass er einen Fehler begangen hat. Man muss es erst lernen, Kritik zu formulieren, ohne zu verletzen. Andererseits schlucken wir lieber Kritik herunter, als sich zu stellen. Und dann? Chance vertan! Sollten sich diese Kritikpunkte häufen, so müsste man sich allen Mut fassen, d.h. Zivilcourage aufbringen, und ein Kritikgespräch anberaumen. Wer keine Angst hat, Kritik auszuteilen, der darf auch keine Angst haben, Kritik einzustecken. Beides muss trainiert werden. Zivilcourage gehört aber in unserer „Ohne-mich-Gesellschaft“ zur Mangelware. Die meisten Menschen verbinden Kritik immer mit etwas Negativem. Wird sie richtig eingesetzt, bringt uns konstruktive, mutige Kritik immer einen Schritt weiter.