Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Den Münsterländern sagt man gerne nach, dass sie denken, bevor sie reden, und dass sie überlegt handeln, dabei aber ihren eigenen Kopf haben. Genauso kommt auch das Ausbildungskonzept des Betriebs Theilmeier aus Everswinkel bei Warendorf daher: Es hat „Hand und Fuß“ und Charakter. Das innovative und vorbildliche Vorgehen des Betriebs in der Berufsausbildung hat der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW e. V. (VGL NRW) jetzt mit dem „Ausbildungspreis der Landschaftsgärtner NRW 2020“ ausgezeichnet.

Theilmeier Schulungsraum mit Themengarten (Azubiprojekt 2018)

Azubi-Übungsplatz u. Azubiprojekt 2019/2020

Gruppenfoto Azubis 2020 (Fotos: W. Theilmeier GmbH & Co. KG)

Wenn der Garten- und Landschaftsbaubetrieb Theilmeier Azubis sucht, dann werden in der Stellenanzeige nicht viele Worte gemacht: Drei Sätze, jeder versehen mit einem Ausrufezeichen, bringen die Offerte auf den Punkt: „Pflanzenflüsterer gesucht! Bewirb dich jetzt! Wir freuen uns auf dich!“ Geboten werden ein tolles Team, eigene Projekte, ein aktiver Job mit Abwechslung und Spaß sowie die Möglichkeit, ein Auslandspraktikum zu machen. So schnörkellos die Anzeige ist, so viel Engagement und Sachverstand steckt das Unternehmen in die Ausbildung junger Menschen. Und genau das würdigte jetzt die Jury des „Ausbildungspreis der Landschaftsgärtner NRW 2020“.

Die Jury sprach sich nach Sichtung vieler überzeugender eingereichter Konzepte von Betrieben schließlich eindeutig für Theilmeier als Gewinner der Auszeichnung aus: „Die Kombination von fachlichen Inhalten und gesellschaftlicher Verantwortung hat den Ausschlag für die Vergabe an ein Unternehmen gegeben, das bereits seit vielen Jahren und mit großem Engagement ausbildet“, so Frank Linneweber, Vorsitzender des Bildungsausschusses. „Unser Preisträger 2020 zeigt, dass es sich lohnt, in den Ausbildungsbemühungen nicht nachzulassen und noch mehr Schulabsolventen für unseren Beruf zu begeistern. So lassen sich die dringend benötigten Fachund Führungskräfte für den grünen Berufsstand von morgen gewinnen.“ Der Preis sollte ursprünglich am 2. Dezember durch NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann im Rahmen der „Kamingespräche“ des Verbands auf Schloss Berge in Gelsenkirchen übergeben werden. Coronabedingt erhielt das Unternehmen nun jedoch telefonisch durch den Verbandspräsidenten H. Christian Leonhards die Meldung, dass sie Gewinner des Ausbildungspreises sind. Ein Scheck mit dem Preisgeld über 2.000 Euro folgte per Post. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die persönliche Würdigung mit der offiziellen Übergabe der Urkunde soll im späten Frühjahr durch den Minister nachgeholt werden.

Das Unternehmen mit heute mehr als 60 Mitarbeitern – 1968 gegründet, 1972 den ersten Nachwuchs im GaLaBau ausgebildet – begreift sich selbst als „Familie“: Entsprechend herzlich werden die Auszubildenden aufgenommen, pro Jahr zwischen drei und fünf junge Männer und Frauen. Bereits vor Beginn der Ausbildung lädt der Betrieb jeden Azubi zum Besuch des Lehrgangs „Vorbereitet in die Ausbildung“ an der DEULA ein. Einzige Ausnahme 2020 – wegen Corona ... Zum Start selbst werden die jungen Leute an einem speziellen „Onboarding“-Tag mit ihrem neuen Betrieb vertraut gemacht und bekommen einen schriftlichen Leitfaden mit den allgemeinen betrieblichen Regeln. Gleichzeitig erhalten sie wichtige Einblicke in die Unfallverhütungsvorschriften.

Spannende Azubi-Projekte in Eigenregie

Das Herzstück des Ausbildungskonzepts sind jedoch die vielen Projekte, in denen Theilmeier es seinen Auszubildenden ermöglicht, sich auszuprobieren und mit anderen zu messen – sei es innerhalb des Betriebs oder außerhalb, mit dem Nachwuchs aus anderen Unternehmen. „In jedem Jahr findet bei uns ein Projekt der Auszubildenden statt, dass sie – mit unserer Unterstützung – eigenverantwortlich durchführen“, erzählen die beiden Ausbilderinnen Monique Däumichen und Inga Grawunder. Zum 50-jährigen Jubiläum des Betriebs vor zwei Jahren beispielsweise haben die Azubis gleich einen kompletten Themengarten auf dem Betriebsgelände entwerfen, planen und gestalten können. In diesem legten die jungen Leute eine Übungsfläche für Pflasterungen an. Veranlasst durch Corona, wurde auch ein Open-Air-Besprechungstisch landschaftlich eingebunden. „Bei diesen Projekten lernen die Auszubildenden mit- und voneinander“, freut sich Monique Däumichen. Ehrensache ist es auch, dass Auszubildende von Theilmeier beim Landschaftsgärtner-Cup des Verbands dabei sind.

Betrieb lässt sich Weiterbildung etwas kosten

Ob Pflanzenkunde, Bautechnik oder gar ein zweiwöchiges Auslandspraktikum: Viel Wert legt der Betrieb auf Weiterbildungen. Vor Ort stehen regelmäßig Azubirunden, Lehrgänge und Übungsstunden auf der Ausbildungsagenda. „Die Auszubildenden werden aber auch motiviert, an Fortbildungen außerhalb des Betriebs teilzunehmen“, so Inga Grawunder. Dazu gehören etwa die Angebote der „Junggärtner“. Die Mitgliedschaft seiner Auszubildenden in dem Verein fördert Theilmeier aktiv durch die Übernahme der Mitgliedsbeiträge während der Ausbildung. Jeder Azubi, der möchte, kann sich zudem beim Ulmer Lernportal, dem interaktiven Lernportal für Aus- und Weiterbildung in der grünen Branche, anmelden. Auch diese Kosten übernimmt der Betrieb.

Natürlich besuchen auch die Ausbilderinnen selbst regelmäßig Schulungen und Seminare, um auf dem Laufenden zu bleiben. Eine Herzenssache ist es für die beiden Frauen, Schülerinnen und Schülern in Kooperation mit der Verbundschule Everswinkel den Beruf des Landschaftsgärtners näherzubringen – etwa, indem sie dort Pflanzaktionen durchführen. Junge Menschen, die dabei ihren grünen Daumen entdecken, können bei Theilmeier auch eine Ausbildung zum Werker absolvieren. Derzeit arbeiten in Everswinkel insgesamt elf Beschäftigte mit Beeinträchtigungen.

Immer am Ball: auf dem Platz und bei YouTube

Damit die Bewerbungen um die Ausbildungsstellen nicht versiegen, legt der Münsterländer Betrieb ein besonderes Engagement in der Nachwuchsgewinnung an den Tag. Theilmeier nimmt regelmäßig an Berufsorientierungsmessen wie der „BOM“ in Warendorf teil. Dort stehen die Auszubildenden selbst am Messestand – „und machen die beste Werbung für uns, die man sich vorstellen kann“, schmunzelt Edgar Theilmeier. Kooperationen mit Grundschulen, weiterführenden Schulen, Vereinen und zahlreichen Initiativen zur Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen oder von Flüchtlingen sorgen dafür, dass der Betrieb und damit die grünen Berufe ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben. Damit sich mehr Frauen für eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau interessieren, nimmt der Betrieb regelmäßig am „Girl´s Day“ teil. Und ob die klassische Bandenwerbung am Fußballplatz oder der Imagefilm bei YouTube: Theilmeier ist auf allen Kanälen nah dran am Nachwuchs.

Unternehmerische Verantwortung mit 360-Grad-Blick

Die Urkunde zum Gewinn des Ausbildungspreises des VGL NRW ist übrigens sicher nicht die einzige, die bei Theilmeier einen prominenten Platz finden wird. Die Münsterländer sind bereits als TAG-Betrieb (Top Ausbildung Gartenbau) ausgezeichnet sowie als CSR-Betrieb zertifiziert. „Als solcher legen wir natürlich auch bei der Ausbildung Wert auf nachhaltiges und umweltverträgliches Handeln“, erklärt Inhaber Edgar Theilmeier die Philosophie des Betriebs, den er mit seiner Frau Gabi in zweiter Generation führt. „So vermitteln wir unseren Auszubildenden ihre Kenntnisse und Fähigkeiten stets unter Berücksichtigung der drei Säulen von Corporate Social Responsibility – Ökologie, Ökonomie und Soziales.

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