Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Das Naturgarten-Team der Stiftung für Mensch und Umwelt hat zwischen April und August 2023 zusammen mit der Wohnungsgenossenschaft Märkische Scholle eine neue Mini-Naturoase in Reinickendorf geschaffen. Der 290 Quadratmeter große PikoPark im Scholle-Quartier am Büdnerring heißt ab sofort alle natur­interessierten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen willkommen – sowie hungrige Bienen, Schmetterlinge, Vögel und viele weitere Tiere.

Gruppenbild der PikoPark-Beteiligten: Vertreter*innen der Märkischen Scholle, der Stiftung für Mensch und Umwelt sowie Auszubildende der gemeinnützigen OTA GmbH © Sebastian Runge

Im neuen PikoPark wachsen heimische Wildpflanzen, es gibt Totholz und offene Bodenstellen. Zahlreiche Insekten fühlen sich davon angezogen. © Sebastian Runge

Bei einem PikoPark handelt es sich um einen neuen Grünflächentyp für den urbanen Bereich. Der Begriff steht für einen kleinen, naturnahen Park, der Biodiversität mit einem Plus an Aufenthaltsqualität verbindet. Die offizielle Übergabe an die Reinickendorfer Genossenschaftsmitglieder fand am vergangenen Donnerstag statt. Jochen Icken, technischer Vorstand der Märkischen Scholle, sagte zu diesem Anlass, an dem zahl­reiche interessierte Genossenschaftsmitglieder teilnahmen:

„Der nunmehr zweite PikoPark in unserem Reinickendorfer Quartier ist für die Genossenschaft ein weiterer Schritt in Richtung Biodiversität. Für uns ist das mehr als ein Trend. Auf 0,03 Hektar zeigen wir, dass Naturvielfalt, Klima- und Umweltschutz auch im Piccolo-Format funktionieren. Sieht nicht nur gut aus, sondern bietet biologisch-wertvolle Kost für Insekten. Und unsere Mitglieder freuen sich über ein Plus an Aufenthaltsqualität.“

Bereits vor der Eröffnung wurde der PikoPark am Büdnerring mit „Gold“ von der Kampagne „Tausende Gärten – Tausende Arten“ (TGTA) ausgezeichnet.

Gewinn für Mensch und Tier
Diese naturnahe Parkanlage im Miniformat bietet hübsche Sandmagerbeete, einen Balancierparcour, Findlinge, Totholz sowie eine Wildbienennisthilfe. In diesem PikoPark laden Staudenbeete mit integriertem Naschobst und ein Erlebnispfad Jung und Alt zum Entdecken ein. Gleichzeitig besticht der Park durch seine geschwungene Linienführung – analog zum PikoPark in der Reinickendorfer Raschdorffstraße, den die Kooperations­partner*innen im Herbst 2022 eingeweiht haben.

Wer sich fragt, was es mit den naturnahen Strukturen auf sich hat, schaut am besten auf die sechs farbigen Infotafeln. Hier wird kurz und verständlich der Sinn und Zweck der Gestaltung erklärt. Eine Besonderheit ist unter anderem die Lehmlinse. Sie wird durs­tigen Tieren als Tränke dienen. Naturnahe Flächen fördern die Artenvielfalt, beleben das Quartier und stärken den sozialen Zusammenhalt. Ein Gewinn für Mensch und Tier.

Genossenschaftsmitglieder ins Boot geholt
Die Entwurfsplanung des PikoParks stammt vom Naturgarten-Team der Stiftung für Mensch und Umwelt. Ziel war es, die Mitglieder der Genossenschaft ins Boot zu holen, zu inspirieren und Skeptiker*innen sowohl von der Sinnhaftigkeit der naturnahen Gestaltung zu überzeugen als auch den Mehrwert für die genossenschaftliche Nachbarschaft zu betonen.

Im Vorfeld der Bauarbeiten hatten Stiftung und Genossenschaft im Rahmen eines Informationsabends über die Details der Maßnahme informiert. Nicht nur das: Die anwesenden Reinickendorfer*innen konnten sich zwischen zwei Gestaltungsvarianten entscheiden. Diese partizipative Maßnahme wurde vom Berliner Senat für Umwelt gefördert. „Es ist wichtig, die Mieter*innen nicht erst am Ende mit der umgestalteten Fläche zu überraschen. Schon zu Beginn braucht es eine starke Kommunikation rund um die Baumaßnahmen. Das fördert die Akzeptanz“, so Dr. Corinna Hölzer und Cornelis Hemmer, Gründer und Leiter der Stiftung für Mensch und Umwelt.

Soziale Arbeitsmaßnahme
Ausgeführt wurden die Arbeiten von Auszubildenden der gemeinnützigen OTA GmbH. Hierbei waren junge Menschen mit Handicap im Einsatz, die auf dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt Chancen haben, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Trittsteinbiotope mit Senatsförderung
Der PikoPark ist nur ein Teil des Gesamtkonzepts. Ein weiterer Bestandteil der Außen­anlagengestaltung sind Trittsteinbiotope – 20-30 Quadratmeter große, dicht bepflanzte „Inseln“, hier an schattigen Standorten. Im Reinickendorfer Quartier der Märkischen Scholle sind zwei solcher Biotope angelegt worden, eins frisch am Büdnerring, quasi als „Trittstein“ zum neuen PikoPark. Ein weiteres Trittsteinbiotop existiert seit dem vergan­genen Jahr in der Reginhardstraße. Die dort gesetzten Pflanzen dienen als Nahrung für Vögel und Insekten (insbesondere für Wildbienen). Diese Maßnahme wurde teilweise vom Senat gefördert und vom Naturgarten-Team der Stiftung für Mensch und Umwelt ebenfalls in Zusammenarbeit mit der OTA gGmbH realisiert.

Hintergrund
Von den über 600 heimischen Wildbienenarten sind mehr als 50 Prozent vom Ausster­ben bedroht. Die Lebensräume dieser Insekten und damit die Nahrungsquellen wurden in den vergangenen Jahren zunehmend zerstört. Vor diesem Hintergrund haben sich mittlerweile etliche Immobilienunternehmen zum Ziel gesetzt, die Grünanlagen und Freizeitflächen in ihren Beständen insektenfreundlicher zu gestalten. Das bedeutet beispielsweise, Abschied vom herkömmlichen Kastenschnitt der Hecken zu nehmen und aus Rasenflächen Blühwiesen zu machen. Anwohner*innen freuen sich zudem über leckeres Obst direkt vor der Haustür – das ist nicht nur gesund, sondern fördert auch das nachbarschaftliche Miteinander.

Genossenschaften schreiben die Kommunikation zwischen ihren Mitgliedern groß – kein Wunder, dass alle Reinickendorfer PikoParks in genossenschaftlichen Wohnquartieren entstanden sind. Der neu eingeweihte PikoPark am Büdnerring wurde bereits mit „Gold“ von TGTA ausgezeichnet, ebenfalls ausgezeichnet sind der PikoPark in der Raschdorffstr. (Gold) und das Trittsteinbiotop in der Reginhardstr. (Silber).

Für die Märkische Scholle und die Stiftung für Mensch und Umwelt ist die begleitende Umweltbildung für die Mieterschaft und die GaLaBauer gleichermaßen wichtig. Für GaLaBauer und weitere Interessierte hat die Stiftung für Mensch und Umwelt eine Online-Lernplattform zum naturnahen Grün, einen Handlungsleitfaden und Pflegepläne im Angebot. Für die Mieterschaft gibt es Info-Veranstaltungen, Infotafeln und die Broschüre „Einfacher Rasen oder blühende Vielfalt? Das eigene Wohnumfeld ökologisch wertvoll gestalten“.

 

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