Unter dem Motto Ausbildung schafft Zukunft. Die Gewinnung und Bindung von Fachkräften wird immer wichtiger stand die Ausbilderfachtagung am 02. Juli in Villingen-Schwenningen. Gäste des Verbandes GaLaBau Baden-Württemberg waren nicht nur die Ausbildungsbetriebe, sondern auch die Vertreter der zuständigen Stellen in den Regierungspräsidien und die Berufsschullehrer.
Ausbildung ist wichtiger denn je
In seiner Begrüßung machte Martin Joos, Vorstand und Vorsitzender des Ausbildungsausschusses des Verbandes in Baden-Württemberg, deutlich, dass eine gute Ausbildung die Grundlage für engagierte Fachkräfte ist. Die sind auf dem Markt jedoch bereits jetzt rar gesät. Ein Mangel an Fachkräften kann jedoch die Ertragskraft der Branche und auch des einzelnen Betriebs erheblich begrenzen. Noch sind die Ausbildungszahlen auf hohem Niveau. Die Prognosen gehen jedoch auch in Baden-Württemberg von zukünftig sinkenden Schulabgängerzahlen aus - und das in besonders hohem Maß bei den bisher größten Gruppen der GaLaBau-Azubis, den Haupt- und Realschülern. Dazu kommt noch die mangelnde Ausbildungsreife, die Konkurrenz zu anderen für Jugendliche attraktiven Ausbildungsberufen und die sinkende Natur- und Gartenerfahrung von Jugendlichen. Martin Joos forderte daher die Teilnehmer auf: "Nutzen Sie die Angebote des Verbandes in Sachen Nachwuchswerbung- ohne PR geht es nicht!" Um für die Jugendlichen langfristig attraktiv zu bleiben, muss man allerdings durch eine qualitativ gute Ausbildung auch halten, was man vorher versprochen hat.
Bildung: unsere wichtigste Ressource
Ministerialrat Wolfgang Arnoldt vom Ministerium Ländlicher Raum, Ernährung und Verbraucherschutz Baden-Württemberg betonte, dass die Bildung die wichtigste Ressource darstellt, um die Wirtschaftskraft bei uns zu erhalten. Im Bildungssektor gehen die Tendenzen zu höheren Schulabschlüssen, innerhalb des beruflichen Sektors wird ein Rückgang der dualen Ausbildung und eine Hinwendung zu schulischen Berufsqualifikationen erwartet. Ministerialrat Arnoldt lobte die zahlreichen Nachwuchswerbeaktivitäten der Landschaftsgärtner. Auch mit Internetauftritten in Berufsportalen zeigten sich die Landschaftgärtner auf der Höhe der Zeit. Die spiegle sich auch in der Zahl der Ausbildungsverhältnisse wider, denn Gärtner und dort speziell der Garten- und Landschaftsbau stellt den größten Anteil der Azubis in den Berufen der Landwirtschaft.
Was macht einen Betrieb attraktiv für qualifizierte Schulabgänger?
Dr. Frauke Bastians, die die Tagung moderierte, präsentierte Ergebnisse von Studien zur Ausbildung in den unterschiedlichsten Berufsbereichen. Die Arbeitgeberattraktivität bestimmt sich u. a. durch ein gutes Marketing. Eher ungeschickt ist daher die lakonische Beschreibung des Berufs durch einzelne Arbeitsschritte: "Als Landschaftgärtner klopfe ich halt mit dem Hammer ein paar Pflastersteine rein." Größeres Interesse ist dagegen mit der Beschreibung des gestalterischen Prozesses, der Einzigartigkeit der Gartendetails und der Begeisterung der Kunden zu wecken.
Die Arbeitgeberattraktivität bemisst sich aber auch an der Ausbildungsqualität und dem davon abhängigen Ausbildungserfolg. Wichtige Qualitätsfaktoren sind laut Ausbildungsexperten klare Verantwortung, Aufgabenverteilung und Anweisungen, Kompetenz der Ausbilder und Berufsschullehrer sowie regelmäßige Besprechungen und Feedback. Schüler gaben bei einer Befragung an, dass Akzeptanz und Wertschätzung, Sicherheit und Arbeitsklima die wichtigsten Kriterien für die Bewertung eines möglichen Arbeitsgebers sind. Eine weitere Studie mit einer Befragung von Ausbildungsexperten und Auszubildenden bestätigte diese Aussagen. Auf der Azubi-Wunschliste ganz oben steht die respektvolle Behandlung durch Kollegen. Allerdings bleibt aus Sicht der Azubis die Realität der Ausbildung oftmals hinter den Erwartungen zurück, insbesondere was die Vielseitigkeit der Aufgaben sowie die Zeitkontingente zum Üben und Ausprobieren angeht. Weitere Kritikpunkte der Azubis sind zu wenig selbstständiges Lernen und mangelnder Erwerb von Zusatzqualifikationen. Bei der Einschätzung der Wichtigkeit von Eignung und Verhalten der Ausbilder kristallisierten sich bei den Azubis die folgenden Kritikpunkte heraus: "Gelobt wird wenig, aber auf Kritik kann man sich verlassen." Ausbilder nehmen sich nicht genug Zeit, die Übernahme der Ausbildungsverantwortung ist nicht immer klar und die Erklärungen der Ausbilder sollten verständlicher sein. Aus Sicht der Experten bietet die Verbesserung der Zusammenarbeit von Berufsschule und Betrieb einen wichtigen Lösungsansatz bei Problemen in der dualen Ausbildung.
Blick über die Grenze - Ausbildung in der Schweiz
Die Ausbildung der Landschaftsgärtner in der Schweiz hat traditionell einen guten Ruf. Daher lag es nahe, einen Blick über die Grenze zu werfen. Beat Suter, Garten- und Landschaftsbau-Unternehmer und Präsident des Regionalverbands Thurgau im Unternehmerverband der Gärtner "Jardin Suisse" stellte das neue System der beruflichen Grundbildung der Gärtner vor, das 2011 eingeführt wird. Zukünftig wird es nur noch zwei große Bereiche geben, den Garten- und Landschaftsbau und die Produktion mit Vertiefungsrichtungen. Bereits heute stellen die Landschaftgärtner mehr als 2/3 aller Gärtner-"Lernenden", die zukünftig eine 2-jährige Attestausbildung absolvieren können oder nach drei Jahren den Abschluss "Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis" erhalten. Letzteres ist mit unserer Ausbildung als Landschaftsgärtner vergleichbar. Noch haben die Schweizer Landschaftsgärtner keine Nachwuchssorgen, aber auch dort wird die Zahl der Schulabgänger in den nächsten Jahren sinken.
Im Unterschied zu Deutschland gibt es in der Schweiz im Garten- und Landschaftsbau kein Ausbildungsförderwerk, so dass der Betrieb für seinen Azubi einen großen Teil der Kosten der dortigen insgesamt 20 Kurstage überbetriebliche Ausbildung direkt zahlen muss. Zudem werden in einigen Kantonen die Kurse in Betrieben organisiert und durchgeführt. Im Fach Pflanzenkenntnisse müssen für die Lehrabschlussprüfung eine Sommer- und eine Winterprüfung absolviert werden. In die Abschlussnote fließt ein Werkstück ein, ein reales Projekt, das bei einem Kunden inklusive Kundengespräch ausgeführt wird. Dieses Projekt wird vom Lehrbetrieb benotet. Das Weiterbildungssystem weist Parallelen aber auch Unterschiede hinsichtlich der Vertiefungsrichtungen auf.
Diskussion in Arbeitsgruppen
Damit gab es nun ausreichend Informationen und Anregungen, um in vier Arbeitsgruppen die Themen "Optimierung der Lernbedingungen", "Best practices aus der Schweiz", "Aktivierendes Lernen" und "Strukturierung der Ausbildung" zu bearbeiten. In lebhaften Diskussionen tauschten Ausbilder, Berufsschullehrer, die Vertreter der zuständigen Stellen und der Schweizer Kollege Beat Suter ihre Erfahrungen aus. Danach wurden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt. Als sehr bedeutsam wurde die Regelmäßigkeit von Aktivitäten mit und durch die Auszubildenden inkl. fester Terminplanung sowie die Festlegung und konsequente Kontrolle von Regeln und Vereinbarungen festgestellt. Zudem gab es einige Ideen zur Förderung der Selbstständigkeit, z.B. der Ausbilder schneidet drei Pflanzen, der Auszubildende muss diese daheim selbst bestimmen. In Punkto Professionalisierung des Schnupperpraktikums, der Einbindung der Eltern beim Vorstellungsgespräch, und der Erstellung von Werkstücken/Projektbaustellen könne man in Deutschland durchaus von den Schweizern etwas lernen, lautete das Fazit.
… und wenn es doch an den Azubis liegt?
Ausbildungsbetriebe müssen eine gute Ausbildung bieten, um Nachwuchs zu gewinnen. Doch mit welchen potenziellen Auszubildenden sind die Betriebe vermehrt konfrontiert? Dr. Frauke Bastians gab dazu Hintergrundinformationen. Viele Studien u. a. der Berufsbildungsbericht berichten davon, dass fast jeder zweite Schulabgänger nicht die ausreichende "Ausbildungsreife" mitbringt. Der Ausbilder - auch im Garten- und Landschaftsbau - sieht sich in immer mehr Rollen gefordert, nicht mehr nur als Fachmann und Vorbild, sondern auch als Lehrer und Personalentwickler, Motivator und Organisationsentwickler
Die Ursachen werden in der herkömmlichen pädagogischen Sichtweise u. a. in fehlender Erziehung, Vernachlässigung, Migrationshintergrund oder Patchworkfamilien gesehen. Inzwischen kommt dieser Ansatz an seine Grenzen, da Probleme nicht nur bei den traditionell sozial schwierigen Gruppen auftreten. Die Entwicklungspsychologie sieht fehlende Sozialkompetenz, wenig Motivation und Durchhaltevermögen sowie mangelndes Unrechtsbewusstsein auch vor dem Hintergrund eines partnerschaftlichen Erziehungsmodells, das mit den besten Absichten von den Eltern angenommen wurde. Nach den Theorien von Michael Winterhoff können kleine Kinder jedoch durch zu große Wahl- und Entscheidungsfreiheiten ihre "Allmachtsphase" nicht abschließen und lernen nicht, dass Bedürfnisse Anderer wichtig sind. Dies äußert sich dann in mangelnder Rücksichtnahme sowie in unangemessenem Verhalten gegenüber Kunden und Kollegen. Kinder sind zu eigenen Ich-Leistungen noch nicht fähig und können durch zu viel Erklären und Verstehen eine eigene Fehlereinsicht nicht lernen. So kommen zu den Betrieben vermehrt Jugendliche, die bisher noch kein klares Bewusstsein für ihre eigenen Fähigkeiten entwickelt haben. "Vermehrt hegen Jugendliche einen "Genialitätsverdacht" gegen sich selbst, nach einer bekannten Casting-Show auch "DSDS-Syndrom" genannt", so Frauke Bastians.
"Sie bringen diese Fähigkeiten und Talente objektiv betrachtet jedoch gar nicht mit". Auf Kritik des Ausbilders reagieren diese Jugendlichen mit Unverständnis. Manche Eltern unterstützen noch diese Fehlentwicklung: Noch nie vermuteten so viele Eltern hinter der Verhaltensauffälligkeit ihrer Kinder eine Hochintelligenz. Die Zusammenarbeit mit solchen Eltern kann sich für den Ausbilder kontraproduktiv entwickeln. Auch mangelnde Motivation und Durchhaltevermögen werden beobachtet, was sich beispielsweise in Krankmeldungen aus nichtigen Gründen äußert. Solche Jugendliche sind durch ihren fehlenden Weitblick nicht in der Lage, auf ein weiter entferntes Ziel, z. B. das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfung hin zu arbeiten.
Was kann der Ausbilder tun?
Der erste Schritt ist eine veränderte Haltung: Die schwierige Zusammenarbeit ist Ausdruck der fehlenden Reife und keine absichtliche Provokation des Auszubildenden. Bei fehlender Einsichtsfähigkeit ist daher eher eine enge und beziehungsorientierte Führung empfehlenswert. Zudem heißt das Motto: Orientierung bieten und jede Minute klarmachen, was zu tun ist. Sehr wichtig ist bei diesen schwierigen Fällen auch die enge Zusammenarbeit mit der Berufsschule. Voraussetzung ist, dass man sich in der Firma einig ist über das Vorgehen. Um Problemfälle zu reduzieren, sollte man daher besonderes Augenmerk auf die Auswahl der Azubis legen und die Stärken und Schwächen der Jugendlichen abklopfen. Neben Praktika bieten auch Berufseignungstests eine gute Orientierung.
Abgerundet und abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einer Fachführung über die Landesgartenschau Villingen-Schwenningen.
Fazit
Die Tagung war eine ideale Plattform für den Austausch aller, die sich mit der Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau befassen. "Wer nicht in die Ausbildung investiert, riskiert auch seine eigene betriebliche Zukunft", so Martin Joos. Die Tagung bot viele Hintergrundinformationen zur Situation der Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau sowie Anregungen, wie die Betriebe mit den zukünftigen Herausforderungen noch besser umgehen können.