Im März 2010 gründeten zehn Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes Garten-, Landschaft- und Sportplatzbau Schleswig-Holstein (FGL) ein Netzwerk, das bundesweit in der Branche Alleinstellungscharakter haben dürfte. Im Arbeitskreis Unternehmensführung (AKU) analysieren die in einer maximalen Entfernung von nur 50 Kilometern angesiedelten GaLaBau-Unternehmen en détail ihre betrieblichen Prozesse und Probleme und geben sich aktiv Hilfestellung. Geheimnisse gibt es keine: Selbst Unternehmenszahlen kommen seit 2012 offen auf den Tisch.
Bekannt ist das Prinzip, wenn auch in abgeschwächter Form, aus den ERFA-Gruppen der Landesverbände GaLaBau. ERFA steht für Erfahrungsaustausch, der sich bei dieser Initiative jedoch ausnahmslos zwischen Betrieben abspielt, die ihren Sitz in unterschiedlichen Bundesländern haben. Zu groß ist die Scheu, Mitbewerbern aus demselben Einzugsgebiet in die eigenen Karten schauen zu lassen. Auch über Zahlen spricht man in den ERFA-Gruppen nur länderübergreifendend.
Anders in Schleswig-Holstein: In der vom FGL initiierten Regionalgruppe Ost waren sich vor drei Jahren zehn in einem engen Radius ansässige Betriebe darüber einig, dass sie bestimmte unternehmerische Themen gern intensiv vertiefen und diskutieren würden. Gemeinsam mit der Geschäftsstelle des FGL wurde die Idee geboren, den Arbeitskreis Unternehmens-führung (AKU) ins Leben zu rufen. Das Ziel: Unter professioneller Anleitung aktuelle Frage- und Problemstellungen mit einem betriebswirtschaftlichen Hintergrund zu verknüpfen und hieraus konkrete Handlungsansätze zu entwickelt, mithilfe derer sich die Unternehmen nachhaltig weiterentwickeln können.
"In der Gruppe bestand von Vornherein Einigkeit darüber, dass es im AKU nicht darum gehen soll, besser oder schlechter als andere dazustehen, sondern darum, die Informationen produktiv zu nutzen und bei Bedarf etwas zu verändern. Die Mitglieder des Arbeitskreises wenden sich mit ihren Problemen und Fragen offen an ihre Kollegen und bekommen so neue Ideen und Anregungen für die Entwicklung ihres Betriebes", sagt Achim Meierewert, Geschäftsführer des FGL. Viermal pro Jahr trifft sich der AKU im schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe.
Organsiert werden die Zusammenkünfte von Sönke Wulff. Der Gärtnermeister aus Lübeck ist Vorsitzender und Sprecher der Gruppe, hält die Fäden zusammen und kümmert sich um alle Belange des AKU. Das betriebswirtschaftliche Spezialwissen zu den jeweiligen Schwerpunktthemen liefert Jörg Fieseler, Unternehmensberater für den Gartenbau bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Seit der ersten Sitzung des AKU ist er als Moderator und Prozesscoach mit an Bord, referiert zu ausgewählten Schwerpunkten und erarbeitet gemeinsam mit den Mitgliedern den Kurs des Arbeitskreises.
"Unternehmerischer Erfolg ist anhand von Kennzahlen wie Umsatz und Cashflow leicht messbar. Viel schwerer ist es hingegen, die weichen Faktoren wie zum Beispiel die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit zu erfassen. Genau diese Variablen bilden aber das Fundament eines erfolgreichen Unternehmens", erklärt Fieseler. Im Arbeitskreis, so der Experte, hätten die Teilnehmer erkannt, dass nicht die betriebswirtschaftliche Kennzahl an sich das Entscheidende ist, sondern das, was hinter der Zahl steht. "Jeder Unternehmer bestimmt mit seinem Handeln und seinen Entscheidungen über die Unternehmensführung und die Unternehmensstrategie den Weg", sagt Fieseler.
Im AKU analysieren die Teilnehmer also nicht in erster Linie Zahlen, sondern das System Betrieb mit all seinen Facetten. Oft werden konkrete Problemstellungen der Mitglieder als Leitthema genommen und dann systematisch aufgerollt. So zum Beispiel bei der Frage "Wann fühle ich mich als Unternehmer wie im Hamsterrad?" Die Antworten der Teilnehmer reichten von "wenn ich zu viele Aufträge habe und nicht weiß, wo ich anfangen soll" bis hin zu "wenn Lieferanten nicht rechtzeitig liefern und ich deshalb in Verzug gerate". Im Rahmen einer kollegialen Fallberatung erarbeitete der AKU Lösungsansätze für die individuellen Probleme. "Der erste Schritt war, sich überhaupt darüber klar zu werden, dass man in einem Hamsterrad sitzt. Erst dann kam Schritt zwei, nämlich, das Rad zu verlassen, indem man die Außenperspektive der anderen anhört. Eingefahrene Strukturen und die Betriebsblindheit werden so aufgebrochen" erklärt Stefan Förster, Inhaber des Betriebes Förster Garten- und Landschaftsbau in Möhnsen ein grundlegendes Erfolgsprinzip des AKU.
Über ihre Arbeitsweisen zu sprechen und etwas von sich Preis zu geben, war für die Mitglieder des AKU zu Beginn nicht einfach. Doch als das Vertrauen wuchs und das Gefühl aufkam, dass jeder ganz ähnliche Probleme hat, konnten sich die Landschaftsgärtner mehr und mehr öffnen. Der ehrliche und persönliche Umgang zwischen den Arbeitskreismit-gliedern resultierte im Jahr 2012 in einem weiteren gruppendynamischen Vertrauensbeweis: Die Betriebe beschlossen einstimmig, künftig ihre Zahlen offen zu legen und den Kollegen somit detaillierte Einblicke in die betriebswirtschaftlichen Abläufe zu geben. "Der Schritt aus der Anonymität war ein großer", sagt Werner Schnauer, Inhaber des Betriebes Schnauer Garten- und Landschaftsbau in Bad Oldesloe. Bereut hat ihn keiner der AKU-Mitglieder "Der Nutzen ist sehr groß, da wir anhand reeller Zahlen die Prozesse viel besser analysieren können.
Wir haben erkannt, dass wir gegenüber Mitbewerbern Vorteile haben, wenn wir innerhalb des Netzwerkes mit offenen Karten spielen und unsere Erfahrungswerte bündeln", so Schnauer weiter. Angst, dass in den eigenen Reihen jemand die Informationen zum eigenen Vorteil und gegen die Kollegen verwenden könnte, hat niemand: "Das Vertrauen ist über drei Jahre gewachsen und die Basis des Arbeitskreises. Darüber hinaus ist die Konkurrenz unserer Meinung nach sowieso nicht so stark. Denn jeder Betrieb hat seine eigenen Schwerpunkte und sein eigenes ganz spezifisches Know-How. Das sind Dinge, die sich nicht so einfach kopieren lassen", argumentiert Frank Chr. Hagen, Inhaber des Unternehmens Hagen Baumpflege mit Sitz in Elmenhorst / Sahms. Auch in den kommenden Jahren, da sind sich alle Mitglieder sicher, wird der AKU
Regelmäßig zusammenkommen und sich zu Themen wie Kundenbindung, Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit, Strategien und Visionen, Kalkulation und Verkaufsverhandlung austauschen. "Es ist gut, dass man im AKU dazu motiviert wird, bestimmte Bereiche immer wieder zu überdenken und zu hinterfragen. Diese Denkanstöße sind für den unternehmerischen Alltag sehr wertvoll", so das Fazit vom Landschaftsarchitekten und Landschaftsgärtner Soeren von Hoerschelmann.