Mit viel Beifall und der Note 1,6 wurde das 7. FBB-Symposium zur Fassadenbegrünung Mitte November in Berlin von den etwa 100 Teilnehmern verabschiedet. „Tolle Referenten und Themen, ein reibungsloser Ablauf und zufriedene Teilnehmer. Vielleicht das bisher beste Fassadensymposium !?“, so das Fazit des FBB-Präsidenten Dr. Gunter Mann von der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB), die das Symposium organisierte.
Mitveranstalter waren die Verbände Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL), Bundesverband Garten-, Landschaft- und Sportplatzbau e.V. (BGL), Bund Deutscher Landschaftsarchitekten e.V. (BDLA) und Fachverband Baustoffe und Bauteile hinterlüftete Fassaden e.V. (FVHF).
Beim 7. FBB-Fassadenbegrünungssymposium haben 18 Experten in 16 Vorträgen zu verschiedenen Themen aus vier Themenkreisen (Pro Fassadenbegrünung, Untersuchungen zur Fassadenbegrünung, Bau- und vegetationstechnische Grundlagen, Besondere Projekte) Stellung genommen – so viel wie noch nie! Erstmals wurde in der Mittagspause in zwei Gruppen und unter fachkundiger Führung die Fassadenbegrünungen des Instituts für Physik der HU Berlin besichtigt.
Den Auftakt machte nach seiner Begrüßung FBB-Präsident Dr. Gunter Mann mit der Vorstellung der Ergebnisse der FBB-Umfrage zur Förderung der Bauwerksbegrünung. Der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) und die FBB haben Anfang des Jahres eine Umfrage bei allen deutschen Städten ab 10.000 Einwohner durchgeführt. Ziel der Umfrage war es, Informationen über direkte und indirekte Förderungen von Dach- und Fassadenbegrünungen und einen Eindruck zur Entwicklung des Förderwesens in Deutschland zu gewinnen. Mit 510 Antworten konnte eine starke Rücklaufquote von etwa 34 % verzeichnet werden. Die Fassadenbegrünung wurde wie folgt ausgewertet:
Mit 25 Städte (5 %) in 2014, 30 Städte (5 %) in 2012 und 32 Städten (6 %) in 2010 bleibt die direkte Bezuschussung der Fassadenbegrünung auf konstantem Niveau.
Ähnlich stabil sind die Zahlen für die Festsetzung von Fassadenbegrünungen in Bebauungsplänen: 172 Städte (= 34 %) machen das in 2014; in 2012 und 2010 waren es 33 % und 32 %.
Mit einem sehr spannenden Thema stieg Dipl.-Psych. Nicola Moczek, PSY:PLAN, Berlin in den Themenblock „Pro Fassadenbegrünung“ ein mit ihrem Vortrag „Treppe, Fenster, Wand: Grün für Leib und Seele. Erfahrungen aus der Architektur- und Umweltpsychologie“. Ihre Hauptaussagen waren:
- Bevorzugte Landschaften sind nachvollziehbar, überschaubar, vielfältig und dennoch geheimnisvoll
- Wirkung von Fassadenbegrünung: Begrünte Häuser werden als „schöner“ bewertet
- Natur zeigt positive Effekte auf die körperliche und seelische Gesundheit
- Fazit und Ausblick: Es fehlen aktuelle, empirische Studien im deutschsprachigen Raum. Insbesondere fehlen Studien, welche die Sichtweisen von Hausbesitzern und Verwaltern, also den eigentlichen „Auftraggebern“ berücksichtigen, die sich auch mit möglichen Hemmnissen bzw. mit den Argumenten gegen eine Begrünung auseinandersetzen und daraus Strategien für Gestaltung und Kommunikation ableiten.
Dipl. Biol. Gerd Wach, BUND, berichtete dann über seine Erfahrungen mit der Förderung von Fassadenbegrünungen am Beispiel Hannover. Innerhalb eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und von ABInBev (einem Brauereikonzern) geförderten Projektes sollte deshalb versucht werden, Dach- und Fassadenbegrünungen über ein Förderprogramm in dicht besiedelten Stadtteilen Hannovers von Gebäudebesitzern zu realisieren. Gemeinsam wurde ein Förderprogramm entwickelt, das eine Bezuschussung von einem Drittel der anfallenden Kosten vorsieht, wobei die maximale Fördersumme bei Fassadenbegrünungen bei 350 € liegt, bei mehrschichtigen Wandkonstruktionen (z. B. WDVS) erhöht sich die Summe auf 3.500 €. Zum Stand Ende Mai 2014 konnten Fördermittel für Fassadenbegrünungen für sieben Objekte in einer Gesamthöhe von ca. 2.250 € ausgezahlt werden. Damit lagen die durchgeführten Begrünungen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Abschließend muss bei Fassadenbegrünungen festgestellt werden, dass der zeitliche Aufwand der Beratungs- und Aufklärungsarbeit bisher in keinem angemessenen Verhältnis zu den anschließenden realisierten Maßnahmen steht.
Nach einem Jahr intensiver Datenermittlungen konnten nun Prof. Dr.-Ing. Stephan Roth-Kleyer und B.Eng. Susanne Gunkel von der Geisenheim University die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie Vertikale Gärten Palmengarten Frankfurt a. M. vorstellen. Die Absicht, die Nord-Westgrenze des Palmengartens Frankfurt mit einem ca. 500 Meter langen und ca. 3 Meter hohen Vertikalen Garten zu versehen, war Auslöser Machbarkeitsstudie. Vier Unternehmen (Humko Ltd., Optigrün international AG, Schadenberg Combi Groen B.V., Vertiko GmbH), alle Mitglieder der FBB nahmen an der Studie teil. Von Juni 2013 bis Mai 2014 wurden in monatlichem Turnus die Kriterien Vegetation, Pflege und Wartung, Kosten, System und Wasserverbrauch dokumentiert. Erwartungsgemäß hatte jedes der vier teilnehmenden Systeme eigene spezifische Vor- und Nachteile. Erst mit der Auswertung der Gesamtdaten wurde deutlich, wie die Systeme im Vergleich zu beurteilen waren. Bezogen auf den bereits benannten Beobachtungszeitraum mit dem milden Winter und unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen erreichte das System der Firma Vertiko mit Abstand das beste Ergebnis.
Dr.-Ing. Henning Günther von der Technischen Universität Berlin stellte in seinem Vortrag „Textile Trägermaterialien in der Vegetationstechnik begrünter Fassaden“ das Kooperationsprojekt "Hängende Gärten" vor, das gefördert wird durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die Entwicklung eines vertikalen Begrünungssystems aus textilem Vegetationsträger mit angepasster Vegetation auf einem modularen Unterbau untersucht. Die Auswahl der Vegetation für vertikale, textile Begrünungssysteme muss sowohl die besonderen Standortbedingungen wie die Feuchtigkeit auf dem Träger als auch die Expositionen der Wände in Städten berücksichtigen. Drei Pflanzengruppen bestehend aus 10 verschiedenen Arten wurden auf dem textilen Träger untersucht. Erste Beobachtungen liegen vor, mit den endgültigen Ergebnissen ist Ende 2015 zu rechnen.
„Energieeffizientes Bauen mit begrünten Fassaden“ war das Thema von Gast-Prof. Dipl.-Ing. Architektin, MLA Nicole Pfoser, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen, die den im letzten Jahr erschienenen „Leitfaden“ „Gebäude, Begrünung und Energie. Potenziale und Wechselwirkungen“ (aufgelegt von der FLL, Bonn) vorgestellt hat. In der Einführung sprach sie über „Energieeffizientes Bauen“, das zunächst die bauliche und betriebstechnische Optimierung des Gesamtenergiebedarfs eines Gebäudes fordert, um den späteren Bedarf zu minimieren und zugleich eine komfortable Nutzung sowie Behaglichkeit im Gebäude zu gewährleisten. Energieverbräuche und Verluste sind zu minimieren (passive Strategien), Erneuerbare Energien sind zu erschließen (aktive Systeme mit möglichst regenerativen Energiequellen). Ihr abschließendes Fazit war: für die Bewältigung der von der Natur vorgegebenen jahreszeitlichen Erfordernisse an unsere Wohn- und Arbeitstätten stehen uns gleichzeitig natürliche Lösungsbeiträge zur Verfügung. Mit der Möglichkeit eines gezielt bedarfsorientierten Einsatzes der Gebäudebegrünung haben wir ein kostengünstiges und vielseitiges Mittel zur Dämpfung der Temperaturextreme und zur synergetischen Unterstützung gebäudetechnischer Maßnahmen.
Dipl.-Ing. Marco Schmidt von der Technischen Universität Berlin ging in seinem Vortrag auf das gleiche Thema ein und berichtete über „Fassadenbegrünung zur Primärenergieeinsparung durch innovative Gebäudeverschattung und –kühlung“. Mit der Begrünung der Fassaden ist der Einfluss auf das Gebäude groß, über Verdunstung wird eine durchschnittliche Kühlungsleistung von 280 Kilowattstunden pro Tag pro Fassade erzeugt. Zwanzig unterschiedliche Arten von Kletterpflanzen wurden am Institut für Physik in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort in 150 Fassadenkübel an neun unterschiedlichen Fassaden gepflanzt. Die Fassadenbegrünung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der energetischen Gebäudeoptimierung. Im Sommer soll die Fassade begrünt sein, während das Sonnenlicht im Winter, wenn die Pflanzen unbelaubt sind, die Glasfassade ungehindert passieren kann. Ein zweiter Effekt ist die Erzeugung von Verdunstungskälte zur Verbesserung des Mikroklimas innerhalb des Gebäudes und im unmittelbaren Gebäudeumfeld. Im Vergleich zum konventionellen Sonnenschutz sind die Ergebnisse zur Fassadenbegrünung als Einsparmaßnahme von Primärenergie extrem positiv. Gegenüber dem konventionellen Sonnenschutz werden im Jahresmittel 26% an Primärenergie für Büroräume an der südorientierten Fassade eingespart. Gegenüber Büroräumen ohne außen liegenden Sonnenschutz beträgt die Energieeinsparung im Jahresmittel sogar 49%.
Im nächsten Themenblock ging es um Grundlagen der Bauphysik begrünter und unbegrünter Wände, vorgetragen von Jörg Brandhorst, Bauphysik–Planung–Ökologisches Bauen aus Bonn. Er verglich drei verschiedene Fassadentypen.
ipl.-Ing. Dirk Pfeifer, Pfeifer Ingenieure GmbH aus Konstanz ging in seinem Vortrag „Beachtenswertes zu Statik, Wind- und Schneelasten bei Rankhilfen“ auf die Berechnungsgrundlagen von Rankseilen usw. ein, u.a. welche Normen und Erfahrungswerte heran zu ziehen sind.
In dem Vortrag „Boden- vs wandgebundene Fassadenbegrünungen“ hat Prof. Dr. Manfred Köhler, Hochschule Neubrandenburg, die beiden Begrünungssysteme in Aufbau und Kosten miteinander verglichen. Wandgebunde Begrünungen sind vergleichsweise einfach zu installieren. Die Herausforderungen liegen im Sockelbereich der Gebäude, hier ist ein ausreichendes Bodenvolumen für die Wurzelsysteme sicher zu stellen und die Wurzel sind vom Gebäude wegzuleiten. Eine Bewässerung ist in der Regel nur in der Anfangsphase erforderlich. Anspruchsvoller ist die Verankerung der erforderlichen Wandanker. Bei den „wandgebundenen Begrünungen“ sind vier Grundprinzipien vorhanden: Gabionen, Kleine Kübel, Vertikalmodule, Geovliese. Grundsätzlich sind wandgebundene Fassadenbegrünungen losgelöst vom natürlichen Boden und müssen künstlich mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden.
Bodengebundene Begrünungen sind in jedem Falle bei der Anschaffung und der jährlichen Wartung deutlich preisgünstiger als wandgebundene Begrünungen. Bei den Wandgebundenen Systemen ist ein Vergleich zu technischen Jalousiesystemen sinnvoll. In die Kosten ist die fest installierte Aufstiegshilfe mit einzurechnen. Ohne eine automatisierte Bewässerung geht es nicht.
Stefan Brandhorst, Vertiko GmbH aus Kirchzarten, Systemanbieter, Ausführungs- und Pflegebetrieb hat aus seiner Praxis zur Pflege und Wartung wandgebundener Fassadenbegrünungen berichtet. Schon bei der Planung einer wandgebundenen Begrünung ist der dauerhafte Erhalt der Anlage durch fachlich ausgeführte Pflege und Wartung zu berücksichtigen. Dazu gehört auch, dass die Zugänglichkeit durch entsprechende Einrichtungen wie Anschlagpunkte für die Seilklettertechnik oder geeignete Aufstellflächen für Hubsteiger, Gerüste o.ä. gewährleistet wird. Der Pflegeaufwand richtet sich nach der Pflanzenauswahl und dem Anspruch des Kunden. Die meisten Hersteller geben mindestens 2 Pflegegänge im Jahr an. Dies ist auch ausreichend, sofern die Pflanzen im Konkurrenzverhalten verträglich sind. Pflanzen, die andere bedrängen und deshalb im Zaum gehalten werden müssen, erfordern natürlich einen höheren Aufwand. Die wichtigsten Pflegetermine sind im Herbst und im Frühjahr. Abgestorbene, verblühte, störende oder zu lang gewordene Pflanzenteile werden geschnitten und entfernt. Ebenso Fremdaufwuchs. Bei wandgebundenen Begrünungen sind die Pflanzen von einer technischen Versorgung mit Wasser und Düngung abhängig. Sie hängen sozusagen buchstäblich am Tropf. Insofern spielt die Wartung der technischen Einrichtungen eine wichtige Rolle und bestimmt in einem höheren Maß die Überprüfungsintervalle (wöchentlich, monatlich) als die turnusmäßige Pflege.
Zum Abschluss des Fassadensymposiums stellten sechs Referenten aus den Reihen der FBB-Mitglieder wieder tolle Fassadenbegrünungen in Kurzvorträge vor und zeigten, dass die Fassadenbegrünung auch in Deutschland angekommen ist und auf dauerhaft funktionsfähige Beispiele verweisen kann. Die Referenten waren Stephan Becsei (BAER, DE), Gregor Zorn (Optigrün international AG, DE), Susanne Herfort (IASP, DE), Thoms Navatzki (Noventiss, FR), Thorwald Brandwein (Biotekt, DE) und Nils van Steenis (Schadenberg Groen Combi, NL).