Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Vom 15. bis 19. Oktober kommen auf der Welterbestätte Wartburg Vertreterinnen und Vertreter von 24 europäischen Ländern zur „Paneuropäischen Grüne-Band-Konferenz“ zusammen. Thüringen setzt damit ein Signal von europäischer Tragweite, um die einmalige Verbindung von Natur und Geschichte des Grünen Bandes auch für künftige Generationen zu bewahren.

Luftbild Grünes Band Thüringen (Foto: Klaus Leidorf)

Kolonnenweg am Grünen Band (Foto: BfN)

Im Landtag steht das Gesetz zum Schutz des Grünen Bandes Thüringen als Nationales Naturmonument kurz vor seiner Verabschiedung. Damit würde das längste zusammenhängende Schutzgebiet am Grünen Band Europa entstehen. Veranstaltet wird die Konferenz durch den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), EuroNatur, das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN).

"Das Grüne Band steht heute für die Idee eines geeinten und freien Europas. Wir haben jetzt eine einmalige historische Chance, das Grüne Band als bundesweit erstes flächiges Nationales Naturmonument auszuweisen – mit einem phänomenalen Artenreichtum. Fast 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs brauchen wir dieses Mahnmal. Hier entwickelt sich ein Todesstreifen zur Lebenslinie. Das Gedenken der Opfer und die Perspektive nach vorn gehören dabei zusammen, insbesondere, wenn Populisten in ganz Europa demokratische und liberale Grundsätze in Frage stellen“, sagt Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund. „Thüringen trägt mit 763 Kilometern die Verantwortung für ein besonders langes Stück des Grünen Bandes. Wenn wir es nicht schützen, ist etwa der Kolonnenweg irgendwann so zurückgebaut und zerschnitten, dass sich an die Geschichte nicht mehr anknüpfen lässt.“

Zahlreiche Lern- und Erinnerungsorte am Grünen Band arbeiten unter oft schwierigen Rahmenbedingungen die deutsche Teilung auf. Mit dem Schutz als Nationales Naturmonument soll dieses Engagement unterstützt werden. Damit sollen Geschichte und Natur gleichermaßen vom neuen Schutzstatus profitieren. „Der einzigartige Biotopverbund leistet zudem einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland und Europa. Arten wie der Luchs oder die Wildkatze sind für ihre weiträumigen Wanderungen auf solche zusammenhängende Korridore angewiesen. Gleiches gilt im Kleinen: Insektenarten wie beispielsweise die Wanstschrecke sind in Thüringen ausschließlich im Grünen Band zu finden. Das Grüne Band bietet vielen ansonsten selten gewordenen Arten einen Rückzugsraum. Aus Sicht des Bundes ist es ein herausragendes europäisches Naturschutzprojekt“, betont Dr. Uwe Riecken, Leiter der Abteilung Biotopschutz und Landschaftsökologie im BfN.

Die Europäische Kommission hat die Bedeutung des 12.500 Kilometer langen Grünen Bandes Europa durch die Anerkennung als Projekt mit europäischer Bedeutung hervorgehoben. „Die Initiative Grünes Band steht modellhaft für grenzübergreifende Zusammenarbeit von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Nur so kann das Grüne Band als Rückgrat eines europäischen Netzwerkes an Lebensraumkorridoren erhalten und entwickelt werden. Insbesondere in Zeiten einer zunehmenden Fokussierung der europäischen Staaten auf die jeweils eigenen Vorteile und Interessen auf Kosten der Staatengemeinschaft, wird mit der Initiative zum Grünen Band der europäische, völkerverbindende Gedanke gelebt wie kaum irgendwo sonst“, so Prof. Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND.

Als gemeinsame Botschaft der Konferenz werden die European Green Belt Association e.V. als Steuerungsstruktur der europäischen Initiative und die über 110 Teilnehmenden in der „Eisenacher Resolution“ alle Akteure und Entscheidungsträger von der lokalen, über die nationale bis zur EU-Ebene auffordern, weitere notwendige Schritte zu gehen, um dieses gemeinsame Natur- und Kulturerbe als Grüne Infrastruktur zu erhalten und zu fördern. „Die europäischen Biodiversitätsschutzziele lassen sich nur erreichen, wenn die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und auch die benachbarten Länder ihre Investitionen in die Grüne Infrastruktur Europas massiv erhöhen. Das Grüne Band zeigt, dass sich diese Investitionen lohnen“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze bezeichnete das Grüne Band in einer Videobotschaft als herausragendes europäisches Naturschutzprojekt und würdigte insbesondere das Engagement des Freistaates Thüringen.

Bei der zehnten Ausgabe der Konferenz sind alle 24 Länder des Grünen Bandes Europa vertreten. Hinzu kommen in diesem Jahr Interessierte aus Belgien, Liechtenstein sowie eine Delegation aus Südkorea. Dies verdeutlicht die Strahlkraft, die vom Grünen Band Europa und seiner einmaligen Bedeutung als ökologisches und historisches Erbe ausgeht.

Hintergrund

Das Grüne Band Europa hat eine Länge von über 12.500 Kilometern, davon 1.393 Kilometer in Deutschland und 763 Kilometer in Thüringen. Es verbindet in Europa nahezu alle vorkommenden Lebensraumtypen und ist Lebensraum und Zufluchtsort für eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Es ist das Rückgrat eines paneuropäischen Biotopverbunds und leistet einen wichtigen Beitrag zur europäischen „Grünen Infrastruktur“. Im Jahr 2003 hat sich die „Grünes Band Europa Initiative“ gegründet, die sich für Schutz und Entwicklung des Lebensraumverbundes entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer einsetzt. In der paneuropäischen Initiative arbeiten Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen aus 24 Anrainerstaaten zusammen. BUND, EuroNatur und BfN sind Gründungs- und Vorstandsmitglieder des 2014 gegründeten Vereins Grünes Band Europa (European Green Belt Association e.V.).

Nationale Naturmonumente (NNM) sind laut Bundesnaturschutzgesetz festgesetzte Gebiete, die aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, kulturhistorischen oder landeskundlichen Gründen und wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit von herausragender Bedeutung sind. Nationale Naturmonumente sind wie Naturschutzgebiete zu schützen. Bewährte Regelungen für die Nutzung von Flächen oder Einrichtungen bleiben bestehen. Das Nationale Naturmonument fördert die Entwicklung einer umweltschonenden, naturnahen Erholung und des Tourismus in der Region.

Die EU-Kommission hat zur Umsetzung ihrer Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt eine Initiative zur Grünen Infrastruktur in den Mitgliedsstaaten angeregt. Hinter dem Begriff Grüne Infrastruktur steckt der Gedanke, dass Ökosysteme und ihre Leistungen – etwa intakte Auen als natürliche Hochwasservorsorge – ebenso wie "graue, also technische Infrastruktur" für die Entwicklung eines Landes unverzichtbar sind. Grüne Infrastruktur trägt zum menschlichen Wohlergehen bei zum Beispiel durch Klimaregulation, Erholung und Erleben von Natur und Landschaft und zum Erhalt der biologischen Vielfalt.