Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) hat das Merkblatt DWA-M 622-1 „Marschengräben - Ökologie und Unterhaltung - Teil 1: Ökologische Grundlagen“ veröffentlicht.
Die Erschließung und Kultivierung der norddeutschen Fluss- und Seemarschen erforderte ein ausgeklügeltes Wassermanagement. Neben dem Schutz vor Überschwemmungen durch Deiche, bedurfte es einer großen Dichte an Gräben. Diese Marschengräben dienten und dienen in Gebieten mit Grünland und Ackerland überwiegend der Entwässerung und der Zuwässerung, inzwischen zunehmend auch der Entwässerung urbaner Gebiete. Gräben prägen bis heute den Wasserhaushalt und das Landschaftsbild der Marschen, sie gelten regional als Kulturgut und weisen eine eigenständige landschaftsökologische Bedeutung als aquatische Lebensräume auf.
Heute übernehmen Marschengräben vielerorts wichtige, sehr unterschiedlich ausgeprägte Funktionen als Ersatzlebensräume für die regionale Tier- und Pflanzenwelt, da Belastung, Ausbau und Verfüllung natürlicher Fließ- und Stillgewässer jahrhundertelang nahezu flächendeckend zu einer dramatischen Verarmung natürlicher Auen und ihrer gewässerspezifischen Tier- und Pflanzenwelt führten.
Neben ihrer Bedeutung als Refugien für die Tier- und Pflanzenwelt leisten Marschengräben zudem einen erheblichen Beitrag zum Nährstoffrückhalt und zur Vernetzung aquatischer und terrestrischer Biotope. Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass die Erreichung des geforderten „Guten ökologischen Zustands“ bzw. des „Guten ökologischen Potenzials“ in den Gewässern der Marschen nur dann nachhaltig gelingen kann, wenn die an sie angeschlossenen Marschengräben ebenfalls ein entsprechendes ökologisches Potenzial erreichen.
Dass Grabensysteme gute ökologische Funktion haben können, zeigen Beispiele in Nordwestdeutschland. Hier existieren Gräben, die als wasserwirtschaftlich gut funktionierende Grabensysteme zugleich zahlreichen Tier- und Pflanzenarten und sogar Arten der FFH-Anhänge und der Roten Listen Lebensräume bieten.
Die künstlich geschaffenen Grabensysteme unterliegen jedoch der ständigen Tendenz zur Verlandung. Kleine Querschnitte, geringe Strömungsgeschwindigkeit und ein hohes Nährstoffangebot führen in der Regel zu eutrophen Verhältnissen und intensiver Primärproduktion. Die Unterhaltung der Gräben zur Aufrechterhaltung ihrer hydraulischen Funktionen wurde im Zuge der allgemeinen Mechanisierung zunehmend rigoros durchgeführt – mit der Folge, dass sich die ökologischen Bedingungen vielerorts dramatisch verschlechterten.
Im vorliegenden Teil 1 des Merkblatts DWA-M 622 wird der aktuelle Wissensstand zur Ökologie von Marschengräben ausführlich dargestellt. Darüber hinaus liefert Teil 1 Aussagen über den Einfluss des zentralen Faktors Gewässerunterhaltung auf die Vegetation und Fauna der Marschengräben.
Die DWA-Arbeitsgruppe GB-1.3 „Marschengewässer“ (Sprecherin: Prof. Dr. Ellen Kiel) im DWA-Fachausschuss GB-1 „Ökologie und Management von Flussgebieten“ erhofft sich durch die Publikation des ersten Teils eine veränderte Wahrnehmung der Ökologie und des landschaftsökologischen Werts von Marschengräben.
Der sich in Erarbeitung befindende Teil 2 liefert praktische Empfehlungen, die eine zeitgemäße, nachhaltige und ökologisch ausgerichtete Unterhaltung ermöglichen, um Zielkonflikte zu minimieren oder zu vermeiden.
Das Merkblatt richtet sich unter anderem an Fachleute in Ländern, Kommunen und Verbänden, die für Unterhaltung von Marschengräben verantwortlich oder in wasserwirtschaftlichen Dienststellen, Naturschutzbehörden, Ingenieurbüros und Aufsichtsbehörden damit befasst sind. Darüber hinaus sollen auch Studierende, Naturschutzbeauftragte und andere interessierte Bürger angesprochen werden, um ihr Interesse an diesen besonderen Lebensräumen zu wecken.
April 2018, 84 Seiten, ISBN 978-3-88721-590-3, Ladenpreis: 84,50Euro, fördernde DWA-Mitglieder: 67,60 Euro.
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